Israels Premier Barak nach dem Misstrauensvotum

Und es war Sommer

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Gleich eine ganze Reihe empfindlicher Niederlagen hat Ehud Barak in der vergangenen Woche einstecken müssen. Nach seiner Rückkehr aus Camp David waren ihm nicht nur seine Minister in Scharen davongelaufen. Am Montag vergangener Woche unterlag Shimon Peres dem Likud-Politiker Moshe Katsav - »Moshe Who?«, wie er in Israel genannt wird - bei der Wahl zum Staatspräsidenten. Am Mittwoch verabschiedete die Knesset dann in erster Lesung fünf verschiedene Anträge zur Auflösung des Parlaments. Wegen des langwierigen Verfahrens bedeutete dies jedoch noch nicht das Ende der Regierung Barak. Zum krönenden Abschluss machte Außenminister David Levy schließlich seine mehrfach geäußerte Drohung wahr und trat von seinem Amt zurück.

Die entscheidenden Abstimmungen jedoch hat Barak am Montag überstanden. Zwei Misstrauensvoten scheiterten an der erforderlichen absoluten Mehrheit. Damit konnte sich Barak erst einmal in die Sommerpause retten. Er hofft nun, in den nächsten Wochen ohne die dauernden Störmanöver der Rechten eine Einigung mit den Palästinensern herbeiführen zu können, die ihm bei Neuwahlen einen Sieg ermöglichen würde. Allerdings rüstet die Opposition schon dazu, ihm diesen Plan zu verderben. 61 Abgeordnete werden benötigt, um eine Sondersitzung der Knesset einzuberufen, und bei den letzten Abstimmungen kam die Opposition zu dieser Mehrheit.

Ganz anders als Barak ist Arafat aus den USA zurückgekehrt. Sowohl in den besetzten Gebieten als auch in den arabischen Nachbarstaaten wird er als Verteidiger Jerusalems gefeiert. Eine solche Stärkung hatte Arafat auch dringend nötig. Möglicherweise zeitigt das Scheitern von Camp David damit sogar noch einen positiven Effekt für den Friedensprozess. Denn so könnte Arafat zu einer ganz anderen Flexibilität in der Lage sein, gerade was die symbolbeladene Jerusalem-Frage anbelangt.

Auch Barak hätte ohne seine ehemaligen rechten Koalitionspartner weniger Schwierigkeiten, mit den Palästinensern zu verhandeln. Insbesondere das Ausscheiden Israel b'Alyiahs und der Nationalreligiösen Partei, aber auch der sich immer weiter dem Likud annähernden Partei Gesher des zurückgetretenen Außenministers Levy könnte sich hier als Vorteil erweisen. Deshalb versucht der Ministerpräsident, die Koalition mit der orthodoxen Shas-Partei zu erneuern, die trotz aller Schwierigkeiten der bessere Partner im Friedensprozess ist. Eine große Koalition mit dem Likud, wie sie Levy seit Wochen forderte, scheint für Barak nur die zweitbeste Lösung zu sein.

Die israelische Linke ist in dieser Hinsicht allerdings etwas weniger optimistisch. Uri Avnery, Veteran der Friedensbewegung und Aktivist von Gush Shalom, bezweifelt, dass Barak überhaupt mit dem Willen zu einer wirklichen Einigung in die Vereinigten Staaten gereist ist. Deshalb sieht er die Schuld für das Scheitern von Camp David auch auf israelischer Seite. »Barak hat den entscheidenden Test nicht bestanden. Er hat es nicht gewagt, der Öffentlichkeit klarzumachen, dass es keinen Frieden geben kann, ohne die Souveränität über den Tempelberg aufzugeben.«

Allerdings hat die Linke auch ihren Teil dazu beigetragen. Solange die Verhandlungen in Camp David dauerten, beherrschte die Rechte die Straßen in Israel. Während die Gegner des Friedensprozesses über 100 000 Demonstranten auf dem Rabin Square in Tel Aviv versammelten, verschob das Peace Camp seine ebenfalls geplante Massenkundgebung immer wieder, bis sie schließlich ganz abgesagt wurde. Nicht nur um Baraks Position zu stärken, sondern um ihn zu wirklichen Zugeständnissen zu bewegen, wäre eine breite öffentliche Kampagne aber dringend notwendig. Dies gilt vor allem, weil immer noch eine Mehrheit der israelischen Bevölkerung die Friedenspolitik unterstützt.