Die erbauliche Kolumne II

Vater der Braut

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Unlängst begab es sich, dass ich mich auf Grund heiterster emotionaler Verwirrungen, welche zu kompliziert erscheinen, als dass man Kolumnen damit füllen möchte, zum Flughafen Tegel begab, um die bezaubernde Frau Gaßner vom Terminale abzuholen, um mit ihr ein munteres Gespräch ob der Fährnisse, welche das Dasein einem zu bieten vermögen, zu beginnen. Als ich fröhlich und ungestüm den Bus verließ, der mich der Erdrotation zum Trotze zum Airport brachte, stellte ich fest, wie klein die Welt doch ist. Vor mir, angepisst die Welt beschauend, stand Herr Reeves, Keanu, um genau zu sein, und sportete zu allem Überfluss ein Schottenkostümchen von solcher Lächerlichkeit herum, dass man alsbald denken mochte: »Als Schtar kannste dir alles leisten.«

Einige Tage später teilte Frau Gaßner mir mit, sie erhalte »überraschend« Besuch von einem Kollegen, der innerhalb derselben Firma wie sie beschäftigt sei, und da Frau Gaßner sich als Stewardess verdingt, handelte es sich um einen mittelprächtig aussehenden Copiloten; die mit den drei Streifen, Adiletten der Lüfte, in der Hierarchie der Luftflotten-Kärräckter stets unterhalb der herrlichen Kapitäne anzusiedeln. Da ich mich um Frau Gaßners Seelenheil sorgte - Copiloten nehmen gern einmal Stewardessen auf die selbe erniedrigende Weise wie der wilde Löwe, den ich gerade vorhin, bei einem unmotivierten Zoobesuch, das Löwenweib auf erregende Art und Weise in die Schranken ihrer Sexualität weisen sah -, beschlossen wir, doch einmal einen Einkaufsbummel durchzuführen, um Frau Gaßner mit den modischen Pendants des altertümlichen Keuschheitsgürtels auszurüsten.

Natürlich besuchten wir nur teure Markenbudiken. Niemand sollte auf den Gedanken kommen, eine Stewardess, welche ich zum Kleiderkauf begleite, könne sich nicht das neueste, aus eitel Silber gewirkte Artefakt leisten. Zuerst mussten Stiefel her. Trüge sie erst einmal diese hautengen Lederklumpen an ihren zierlichen Füßchen, wäre es dem sein wildes Grüß Gott entbietenden Cockpitrechtssitzer schlechterdings unmöglich, diese mit einer lässigen Handbewegung abzustreifen, was zweifellos bedeutete, seine darauffolgenden hilflosen Anstrengungen, ihr das Beinkleid von den Schenkeln zu zerren, seien Makulatur.

Wie ich im hehren Selbstversuch feststellte, da ich an den Stiefelchen riss, waren unsere Überlegungen sinnentleert wie die stetige Wiederholung der abscheulichen Serie »Sailor Moon«, denn mit der Kraft eines Mannes war es selbst einem zärtelnden Jüngling wie mir vergönnt, ihr die Schühchen vom Beinchen zu entfernen. Ergo musste eine Hose her, knalleng und fest am Leibe klebend. Peinlicherweise bedachten wir nicht, dass sie keinerlei Reißverschluss haben durfte.

Um Frau Gaßners Nervosität zu bekämpfen, lud ich sie in das nächstbeste Luxushotel zum Diner, wo es eine Anzahl wodkaartiger Getränke hatte, welche sie mit großer Souveränität in ihre Kehle stürzte. Dann übergab ich sie dem Teufelsbraten, den ich nicht das Glück hatte, in Augenschein nehmen zu dürfen.

Sie tanzten und berauschten sich an Mixgetränken. Mehr ist nicht geschehen. Weshalb auch, schließlich hat sie doch mich. Da geschieht auch nichts.