Rechte Fußballfans in Italien

Zahlen für die braunen Chöre

Die Äußerungen des Präsidenten von Hellas Verona belegen einmal mehr die Hilflosigkeit des italienischen Fußballs gegenüber rechtsextremen Fans.

Vielleicht hat Giambattista Pastorello ein paar schlaflose Nächte lang über den Besuch eines Rhetorik-Seminars nachgedacht. Als Präsidenten des Fußballvereins von Verona wird ihm schließlich ständig ein Mikro vor den Mund gehalten. Dann sagt er manchmal einfach das, was er denkt. Und entlarvt dabei sich und den Rest der Welt.

So wie in der vergangenen Woche, als er vom regionalen Fernsehsender Teleducato in Parma zu einem möglichen Spielertausch zwischen Verona und Parma befragt wurde. Vor laufender Kamera gab Pastorello zu, dass er den Stürmer Patrick Mboma aus Kamerun nur deswegen nicht in die Mannschaft aufnehme, weil die rechtsradikalen Fußballfans von Verona einen afrikanischen Spieler nicht akzeptieren würden: »Wenn Bonazzoli ginge, würden die Fans mir den Hals umdrehen. Wenn er dann auch noch gegen einen schwarzen Spieler eingetauscht würde ... Die Fangemeinde von Verona ist schlimm, jedenfalls was farbige Spieler betrifft.«

Tatsächlich ist die rechtsradikale Gesinnung der Fans im Veroneser Bentegodi-Stadion kein Geheimnis. Dass die norditalienische Stadt eine der Hochburgen der rechten Lega Nord von Umberto Bossi ist, wird im dortigen Fußballstadion nur allzu deutlich. Die rechte Fangemeinde hat Tradition, sie tobte sich in der Kurve schon aus, als noch Diego Maradona bei Neapel spielte.

Ihren Rassismus tragen die Fans der Erstliga-Mannschaft Hellas Verona offen zur Schau: Als der schwarze holländische Spieler Michel Ferrier 1996 eingekauft werden sollte, hielten sie in der Kurve eine schwarz gefärbte Puppe hoch, der ein Strick um die Kehle gelegt war. Einige Fans hatten sich Ku-Klux-Klan-Kapuzen aufgesetzt. Und um jedes Missverständniss auszuschließen, war an der Balustrade ein Transparent befestigt, auf dem in veronesischem Dialekt stand: »Den Neger haben sie euch geschenkt, damit er euch das Stadion putzt.« Erst vor zwei Jahren verhinderte die rechtsextreme Fangemeinde, dass der farbige Brasilianer Ze Maria in die Mannschaft geholt wurde.

Dass nun Pastorello freimütig zugab, zu Zugeständnissen gegenüber den rechtsextremen Fans bereit zu sein, löste dennoch einige Empörung in Italien aus. Die Bürgermeisterin von Verona, Michela Sironi Mariotti, bot dem Vereinspräsidenten an, sie und die Sicherheitskräfte würden ihm dabei helfen, die Mannschaft aufzustocken und Verona vor dem Abstieg zu bewahren, »sollte es wahr sein, dass ein paar Dutzend Personen den Präsidenten unter Druck setzen«. Sollte aber Mboma wegen seiner Hautfarbe nicht bei Verona spielen können, handele es sich um eine regelrechte Straftat, kommentierte die Bürgermeisterin die offene Diskriminierung.

Auch die Sportministerin Giovanna Melandri reagierte aufgebracht und richtete einen Protestbrief an den Beauftragten des nationalen Fußballverbandes Federcalcio, Fianni Petrucci, von dem sie eine klare Stellungnahme zu Pastrellos Äußerung verlangte. Denn diese unterstütze »sicherlich nicht die Bemühung der Regierung und der Welt des Fußballs, gegen das beunruhigende Phänomen der Gewalt und des Rassismus vorzugehen«.

Pastorello hatte wohl kaum mit so viel Aufregung gerechnet. Schließlich hatte er eigentlich nichts Neues vorgebracht. »Ich habe auch schon zuvor gesagt, dass der Rassismus unter den Fans ein nicht länger tolerierbares Ausmaß erreicht hat«, rechtfertigte er seine Worte im Nachhinein. Und versprach, es werde »kein Zurückweichen vor diesen Auswüchsen des Rassismus geben, der nichts mit Fußball zu tun hat«, obwohl er genau das doch zugegeben hatte.

Der unfreiwillige Mittelpunkt des Falls, der Stürmer Mboma, ist derzeit in Afrika. Für die Nationalelf von Kamerun kickt er bei den Qualifikationsspielen zur Weltmeisterschaft 2002. Der Tageszeitung La Repubblica sagte Mboma über Pastorellos Versprecher: »Pastorello hat leider Recht. In Italien geht man ins Stadion, um andere zu beleidigen.« Bei Spielen gegen Verona seien er und andere schwarze Spieler schon immer ausgepfiffen worden. Dasselbe passiere bei Lazio Rom.

Die rechtsradikale Gesinnung der römischen Fans ist geradezu sprichwörtlich. Organisierte Lazio-Fanclubs wie die Irreducibili (die Unbeugsamen) präsentieren sich gern mit keltischen Kreuzen auf ihren Fahnen. Die stramm rechten Lazio-Fans, deren Zahl auf 5 000 geschätzt wird, greifen auch zu Hakenkreuz- oder SS-Fahnen, tragen Transparente mit antisemitischen und rassistischen Parolen oder Mussolini-Zitaten und zeigen den faschistischen Gruß.

Roberto Fiore und Massimo Morsello, die beiden Führungskader der rechtsextremen Forza Nuova, über deren Verbot derzeit in Italien diskutiert wird, werden häufig im römischen Olympiastadion gesehen. Der Einfluss der Organisation in der Nordkurve nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. So ist es kaum verwunderlich, dass auch Lazio seit drei Jahren auf schwarze Spieler verzichtet.

Außerhalb der Stadien sind die Nazi-Fans ebenfalls aktiv. Erst Mitte Januar gingen in Verona Hunderte aus Rom und Triest gemeinsam mit den heimischen Hools gegen angereiste Supporter aus Neapel vor. Fascistelli, kleine Faschisten, nennt die italienische Presse diese Gruppen der extremen Rechten. Auf das Konto rechter Hooligans gingen auch zwei kleinere Bombenanschläge in Rom im November 1999, bei denen zwar niemand verletzt wurde, die aber beide offensichtlich antisemitisch motiviert waren. Diese Bombenanschläge veranlassten die Spieler von Lazio und Juventus Turin, bei einem Spiel im Olympiastadion in weißen T-Shirts aufzulaufen, auf denen »Nein zu Antisemitismus, Gewalt, Rassismus« stand. Vor Spielbeginn verlasen die Kapitäne der Teams ein kurzes gemeinsames Statement, in dem sie sich gegen Rechtsextremismus, nicht nur in den Stadien, aussprachen.

Der italienische Fußballverband steht dem Phänomen der immer gewalttätiger und offen rassistisch agierenden Fans ziemlich ratlos gegenüber. Diskutiert wird nun darüber, ob man die auffälligen Vereine damit bestrafen soll, dass man sie nur unter Publikumsausschluss spielen lässt. Als vor einem Jahr im Lazio-Fanblock bei einem Spiel gegen AS Rom ein Transparent mit den Worten »Auschwitz euer Vaterland, die Öfen eure Häuser« erschien, schritt die italienische Regierung ein und erließ eine neue Regelung: Wenn rassistische oder antisemitische Plakate im Stadion hochgehalten werden, kann das Spiel bis zu 45 Minuten unterbrochen werden. Falls sie dann noch immer nicht beseitigt sind, verliert der Verein mit den Nazi-Fans die Partie einfach mit 0:2.

Doch angewandt wurde diese in Europa einmalige Sanktionsmaßnahme bisher nie. Durchgesetzt wurden dagegen Bußgelder. Nun müssen die entsprechenden Vereine für Nazisymbole und braune Chöre Strafen bis zu 50 000 Euro bezahlen.