Videokonferenz zwischen Davos und Porto Alegre

Come Together

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Das beispiellose Polizeiaufgebot zum Schutz des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos hat das Image der Schweiz im Ausland empfindlich angekratzt. Der Bundesexekutive wird nun vorgeworfen, sich der renommierten Privatstiftung für die neuen Eliten angedient zu haben. Die Schweizer Regierung sei in polizeistaatlicher Manier gegen Globalisierungskritiker vorgegangen und habe damit exemplarisch die Privatisierung der Politik unterstützt.

Geplagt von Standortängsten, ist die Regierung nun bemüht, Davos als »wichtiges Schaufenster der Schweiz« zu erhalten. Während die Fraktion der Liberalen (FDP) das WEF »als einen zentralen Ort des Dialogs zwischen Wirtschaftsvertretern und ihren Kritikern« verteidigt, plädiert die linksliberale sozialistisch-grüne Alternative für die »Mobilisierung der Zivilgesellschaft« und eine »Charta für eine liberale politische Kultur« in der Schweiz, um das »bedrohliche Gewaltpotenzial« radikaler Gegner des Neoliberalismus zu kanalisieren.

Die WEF-Sprecher hingegen ziehen ungeachtet aller Kritik eine positive Bilanz des Treffens. Der »Geist von Davos« erfreue sich nach wie vor bester Gesundheit. Dem diesjährigen Motto »Gegensätze überbrücken« folgend habe das WEF zudem ethische Themen intensiver diskutiert sowie den Dialog mit NGO und sozialen Bewegungen vorangetrieben.

Als Höhepunkt der Inszenierung des Sozialen kann die Videokonferenz mit Vertretern der neuen Weltordnung in Davos und der globalisierungskritischen Prominenz des Weltsozialforums von Porto Alegre gelten. Von den Medien zur Konfrontationsveranstaltung hochstilisiert, konnte der interkontinentale Dialog am 28. Januar live im Internet mitverfolgt werden.

Der vor dem Bildschirm teilnehmenden Weltöffentlichkeit bot sich folgendes Szenario: Auf dem Podest einer Davoser Kirche an Bistrotischchen platziert, setzten sich Männer wie George Soros, Björn Edlund vom transnationalen Hydraulik-Unternehmen ABB, John Ruggie, ein Mitarbeiter des Uno-Generalsekretärs Kofi Annan, sowie Mark Malloch Brown, der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, dem gepflegten Dialog mit dem Süden aus. Dort bildeten unter anderem der philippinische Soziologe Walden Bellos, die Präsidentin der argentinischen Menschenrechtsorganisation Mütter der Plaza de Mayo, Hebe de Bonafini, sowie der Vorsitzende des finanzkritischen Netzwerkes attac, Bernard Cassen, auf roten Stühlen einen Halbkreis vor dschungelgrünem Dekor. Zunächst spielte man die eingeübten Rollen. Bello attackierte die Uno, und der Reregulierungsbefürworter Bernard Cassen forderte die Besteuerung von Spekulationsgewinnen.

Zum Showdown zwischen Weltwirtschaft und zivilgesellschaftlicher Gegenmacht kam es aber erst, als Hebe de Bonafini das Wort ergriff und lospolterte: »Herr Soros, Sie lächeln angesichts des Todes von Millionen Kindern, die verhungern. Antworten Sie doch mal, wenn Sie sich trauen!« Die graue Emininenz eines der größten Hedge-Fonds konterte: »Ich versuche mit Ihnen einen Dialog zu führen, aber wir können auch aufhören zu reden.«

Schließlich stellte Edlund das Image der geschäftigen Davoser mit dem sozialen Gewissen wieder her. Er verstehe Bonafini, versuchte der ABB-Manager die Menschenrechtlerin zu beschwichtigen, auch er habe einen argentinischen Schwiegersohn, der seinen Vater während der Diktatur verlor. »Aber wir müssen jetzt wirklich weg, und wir werden mitteilen, wie zornig Sie sind. Was wir heute abend gehört haben, tut nicht gut.«