Nazi-Aufrufe zum 1. Mai

Tag der deutschen Arbeit

Unter dem Motto »Arbeit zuerst für Deutsche« rufen NPD und Freie Kameradschaften zu mehreren Veranstaltungen am 1. Mai auf.

Seit 1933 wird in Deutschland am 1. Mai nicht gearbeitet. Diese Tatsache nutzen die Neonazis auch dieses Jahr wieder, um bundesweit zu Aufmärschen zu mobilisieren. Während 1999 alle Veranstaltungen der NPD verboten wurden und mehrere Hundert Neonazis frustriert in Bussen durch die Republik fuhren, gelang es der NPD im letzten Jahr, eine Kundgebung mit etwa 800 Neonazis aus ganz Deutschland in Berlin-Lichtenberg durchzuführen.

Allerdings nicht ohne Proteste einiger AntifaschistInnen, die den Polizeikordon umgehen konnten. Erfolgreich waren im vergangenen Jahr auch die militanten Freien Kameradschaften, die, angeführt vom Norddeutschen Aktionsbündnis, in der brandenburgischen Kleinstadt Neuruppin eine halbe Stunde lang ungestört marschieren und dann nach Berlin weiterfahren konnten. Ermutigt von den Erfolgen des letzten Jahres haben Freie Kameradschaften und NPD dieses Jahr in Mannheim, Berlin, Essen, Dresden, Augsburg und Frankfurt / Main Demonstrationen angekündigt.

Nach Frankfurt rufen vor allem die Freien Kameradschaften unter dem Motto »Euro stoppen, Globalisierung bekämpfen«. Passend dazu wollen sie eine Kundgebung vor der europäischen Zentralbank abhalten. Angemeldet hat den Aufmarsch eine Bürgerinitiative für deutsche Interessen, die Vorfeldorganisation der Freien Kameradschaften um den ehemaligen Kader der Nationalistischen Front und früheren NPD-Landesvorsitzenden Sachsen-Anhalts, Steffen Hupka, sowie Thomas Wulff aus Hamburg. Als Redner sind der Hamburger Neonazi Christian Worch, der verurteilte Neonaziterrorist Manfred Roeder sowie Steffen Hupka als Vertreter der so genannten Revolutionären Plattform vorgesehen. Nach dem Aufmarsch soll im Frankfurter Raum ein Konzert mit den Naziskinbands Hauptkampflinie und Faustrecht stattfinden.

Da die Generalprobe der Neonazis für den 1. Mai in Frankfurt kläglich verlief - nicht einmal 100 Rechte standen am vorletzten Wochenende rund 2 000 GegendemonstrantInnen gegenüber -, ist davon auszugehen, dass die Freien Kameradschaften ihre Mobilisierung verstärken werden, zumal es den Neonazis in den letzten 25 Jahren nicht gelang, eine Großdemonstration in Frankfurt durchzuführen.

Auch diesmal ruft ein Bündnis von antifaschistischen Gruppen und Gewerkschaftsjugendgruppen dazu auf, den Aufmarsch zu behindern. Noch haben die Behörden nicht über die Naziroute entschieden, da der DGB als Reaktion auf den Aufmarsch verkündete, die gesamte Innenstadt für Maifeierlichkeiten zu beanspruchen. Im Falle eines Verbots haben die Neonazis bereits angekündigt, ersatzweise am 5. Mai in Frankfurt zu demonstrieren.

In Mannheim hat die NPD ebenfalls eine ihrer Demonstrationen angemeldet. Auf der Rednerliste stehen dort allerdings unbedeutende NPD-Funktionäre wie der Landesvorsitzende Michael Wendland aus Baden-Württemberg. Die Mannheimer Stadtverwaltung hat ein Verbot der Veranstaltung angekündigt und hofft darauf, vor Gericht zumindest erhebliche Auflagen durchsetzen zu können. Eine besondere Provokation stellt die Ankündigung der NPD dar, ihre Abschlusskundgebung vor einer Moschee abzuhalten.

In der deutschen Hauptstadt wird dagegen die Parteiprominenz aufgeboten: der NPD-Chef Udo Voigt, Horst Mahler und der JN-Kader Andreas Storr stehen auf der Rednerliste. Ermutigt vom Schmusekurs des Berliner Senats, rechnet die NPD in Berlin bundesweit mit den meisten TeilnehmerInnen und kündigte an, von Friedrichshain nach Lichtenberg zu marschieren. Allerdings laufen noch Verhandlungen zwischen den AnmelderInnen von der NPD und der Polizei, die die Demonstration am liebsten wie letztes Jahr aus dem international beachteten Innenstadtbereich in die Randbezirke abschieben möchte, wenn es mit dem Verbot mal wieder nicht klappt.

Eine Mischung aus Lokalprominenz und überregionalen Größen kündigt die NPD in Dresden an. Der NPD-Landesvorsitzende Winfried Petzold sowie Holger Apfel vom Bundesvorstand sollen dort sprechen. Als Vertreter des NS-Flügels ist Frank Schwerdt aus Berlin vorgesehen.

Und auch im Ruhrgebiet will sich die NPD zeigen. Wieder einmal geht es nach Essen. Als Redner sind dort das NPD-Bundesvorstandsmitglied Hans-Günter Eisenecker und der NPD-Landesvorsitzende Udo Holtmann angekündigt. Auch die Stadtverwaltung in Essen versucht mit einem Verbot, den Aufmarsch zu unterbinden. Im Süden hat die NPD ein Aufmarsch in Augsburg angemeldet. Dort sind der Bundesvorsitzende der JN, Sascha Roßmüller, sowie der NPD-Ideologe Per Lennart Aae und Ralf Ollert als Redner vorgesehen.

So alt wie die Taktik, vor dem 1. Mai möglichst viele Anmeldungen einzureichen, ist auch das zentrale Motto der NPD: »Arbeitsplätze zuerst für Deutsche«. Interessant ist dagegen die separate Mobilisierung der Freien Kameradschaften in Frankfurt, was auf eine Machtprobe zwischen den selbstbewussten Freien Kameradschaften und der NPD hinauslaufen könnte. Außerdem stellt sich wie jedes Jahr die Frage nach antifaschistischen Gegenaktivitäten. In jeder der betroffenen Städte haben sich mittlerweile breite Bündnisse gegen die Aufmärsche gebildet, die teilweise zusammen mit den Gewerkschaften Gegenveranstaltungen planen, aber auch die Behinderung der Naziaktivitäten zum Ziel haben.