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Einer wird gewinnen

Literaturnobelpreis. Einen Tag nach dem Erscheinen dieser Jungle-World-Ausgabe, am 12. Oktober, wird voraussichtlich bekannt gegeben, wer in diesem Jahr den Nobelpreis für Literatur gewonnen hat. Im letzten Jahr war das Harold Pinter, der englische Dramatiker, dessen Werk kein Mensch mehr liest.

Immer wieder bekommen echte Außenseiter den höchstdotierten Literaturpreis der Welt, das ist schon beinahe ein Ritual geworden, und Jahr für Jahr wird dagegen von Harald Schmidt bis Matthias Matussek gefordert, dass doch nun bitteschön Philip Roth an der Reihe für eine angemessene Auszeichnung wäre. Oder wenigstens irgendein anderer Amerikaner, egal ob John Updike oder Dondelillo. Zumindest keiner dieser Dichter aus der Dritten Welt, die hierzulande niemand kennt.

Bei der britischen Wettagentur Ladbrokes wird Roth jedoch nur auf dem fünften Platz der aussichtsreichsten Kandidaten in diesem Jahr gehandelt. Am ehesten werden dem Türken Orhan Pamuk Chancen zugeschrieben. Gefolgt vom syrischen Dichter Adonis. Dahinter folgt der Pole Ryszard Kapuscinski, und dann die Amerikanerin Joyce Carol Oates. Bei Ladbrokes sind also alle mit dabei: Kritikerfavoriten genauso wie krasse Außenseiter. Wahrscheinlich ist es aber dann doch wieder ein ganz, ganz anderer, der sich demnächst in Stockholm sein Preisgeld abholen darf. (aha)

Gratulation!

25 Jahre Woz. Leute, wie die Zeit vergeht! Wie es sich für die »einzige überregionale linke und unabhängige Zeitung der Schweiz« gehört, muss das Jubiläum natürlich auch gebührend gefeiert werden. Für die Sondernummer vom 5. Oktober hat man sich dann auch etwas richtig taz-Artiges einfallen lassen: Redakteure von damals, Gründer der Zeitung, schreiben die Ausgabe voll. Leider ist das Ganze dann aber ziemlich nostalgisch und schlimm achtzigerjahremäßig geworden. Sogar das Layout soll so sein wie damals, wozu man nur sagen kann: Das Layout damals sah wirklich nicht besser aus als das von heute. Thematisch geht es etwa um Nicaragua und solch spannende Fragen, warum es heute nicht mehr so angebracht ist, aus Solidarität mit Lateinamerika Bücher aus Lateinamerika zu lesen, und warum das ja eigentlich nicht so gut sei.

Wenn man das alles betrachtet, lässt sich noch viel leichter sagen: Auf die nächsten 25 Jahre Woz! (aha)

Böse FAZ

Günter Grass. Der Mann war bei der Waffen-SS. Zuerst hat er darüber mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geredet. Danach ging die Meldung als Skandal um die Welt, und seither wird sich Grass bestimmt das ein oder andere Mal gefragt haben, ob er nicht besser geschwiegen hätte.

Dünnhäutig scheint er jedenfalls beim Häuten der Zwiebel geworden zu sein. Sonst würde er nun wohl nicht die FAZ verklagen. Ein wenig sieht das wie Nachtreten aus. Grass wirft der Zeitung die Verletzung des Urheberrechts vor. Weil diese zwei Briefe veröffentlichte, die er dem früheren Wirtschafts- und Finanzminister Karl Schiller (SPD) geschrieben hatte und in denen er diesen dazu aufforderte, sich zu seiner Nazivergangenheit zu bekennen.

Grass findet jedoch, die Briefe seien »persönlich« gewesen und hätten nicht publiziert werden dürfen. Der Schriftsteller vergleicht die Methoden der FAZ inzwischen mit denen der Bild-Zeitung und gab an, er empfinde »Ohnmachtsgefühle« gegenüber dem Blatt. (aha)

Unbedingt posh

Vanity Fair. Es wird immer konkreter: Die deutsche Ausgabe des amerikanischen Klatsch- und Glamourblattes Vanity Fair wird kommen. Am 8. Februar 2007 soll es so weit sein, ab diesem Zeitpunkt wird die Zeitschrift wöchentlich am Kiosk ausliegen.

Die Sache ist deswegen so bemerkenswert, weil die deutsche Vanity Fair nicht irgendein buntes Peoplemagazin sein möchte, von dessen Titel einen Otto oder der nächste Sieger von »Deutschland sucht den Superstar« angrinsen wird. Sondern die Zeitschrift will dem Stern und Lifestyle-Blättern wie Park Avenue gleichzeitig Konkurrenz machen. Mindestens.

Das lässt sich der Verlag Condé Nast so einiges kosten: Zwischen 50 und 100 Millionen Euro. Das ist eine fast unvorstellbare Summe für ein Projekt in einem Marktsegment, das, vorsichtig gesagt, als schwer kalkulierbar gilt. Die Park Avenue, ein mit großem Getöse gestartetes Promi-Magazin, erlebt gerade eine Krise, sie liegt wie Blei in den Zeitschriftenständern, und es ist nicht einmal sicher, dass es das Hochglanznichts noch lange geben wird.

Die deutsche Vanity Fair muss also etwas werden, das funktioniert. Es muss. Ein Flop ist nicht drin, so viel Geld in den Sand zu setzen, das kann sich kaum ein Verlag erlauben. Eine italienische Ausgabe der Vanity Fair, das macht dem Verlag immerhin Hoffnung, läuft seit einiger Zeit ziemlich erfolgreich.

Als Chefredakteur der potenziellen Arztpraxenlektüre wird Ulf Poschardt fungieren, der ehemalige Leiter des SZ-Magazins, Verfasser einiger popkultureller Bücher und Verursacher der so genannten Poschardt-Debatte, in der es im Groben darum ging, dass Coolness heutzutage nur noch bedeuten kann, die FDP zu wählen. Poschardt ist genau der richtige Mann für den Job. Das Linkssein hat er hinter sich gebracht, vom Verkaufen von Nichtigkeiten versteht er etwas, er sieht gut aus, manche halten ihn für einen Intellektuellen, und als Zielgruppe für sein Magazin schwebt ihm eine »neue Leistungs­elite« vor. Zu der er sich längst auch selbst zählt.

Wenn die deutsche Vanity Fair so richtig baden ginge, das wäre schon ziemlich lustig. (aha)