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Assassini!

Italien. In der Nacht von Sonntag auf Montag der vergangenen Woche griffen drei Faschisten im Mailänder Stadtteil Ticinese drei bekannte Linke an, die gerade nach Hause gehen wollten. Der 26jährige Davide Cesare wurde in den Hals und die Brust getroffen und war sofort tot. Etwa 50 linke Aktivisten, die in derselben Nacht das Krankenhaus aufsuchten, um sich nach dem Zustand ihrer Freunde zu erkundigen, wurden von der Polizei mit unverhältnismäßiger Brutalität angegriffen. Dies bestätigte die Gewerkschaft der Arbeiter im Gesundheitswesen. Die Polizei habe, heißt es dort, nach »chilenischer oder italienischer Art« das Krankenhaus geräumt. In Rom kam es zu Zusammenstößen, als Linke eine Pizzeria auseinander nahmen, die sie für einen Treffpunkt von Rechtsextremisten hielten.

In den siebziger Jahren war es gerade in Mailand mehrfach zu tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Linken und Faschisten gekommen. So jährte sich am 18. März zum 25. Mal der Mord an zwei Aktivisten des Centro Sociale Leoncavallo. Die schon seit langem für diesen Tag geplante Gedenkdemonstration wurde zu einem großen Protestmarsch gegen den jüngsten Mord. Die Täter sitzen in Haft.

Ausgeschmiert

Frankreich. Der frühere Vorstandsvorsitzende des Ölkonzerns Elf, Loik Le Floch-Prigent, scheint schon immer ein heller Kopf gewesen zu sein. Im Korruptionsprozess gegen die Angehörige des ehemals staatlichen Konzerns erklärte er, wenn der Afrikabeauftragte Andre Tarallo ihm gesagt habe, das Geld gehe »an Herrn X«, sei ihm klar gewesen, dass dieser »nicht der wirkliche Nutznießer war«. Der Prozess, der letzten Montag begann, ist das größte Verfahren der französischen Justizgeschichte. 37 Angeklagte müssen sich wegen Veruntreuung von umgerechnet 183 Millionen Euro verantworten. Am Mittwoch gab Floch-Prigent zu, dass Schmiergelder an die Präsidenten von Gabun, Kamerun und Kongo gegangen seien. In Angola floss das Geld sowohl an das Regime als auch an die Rebellen. Der damalige Staatspräsident François Mitterrand habe von den Zahlungen gewusst, so Floch-Prigent. Allerdings sei ihm wichtig gewesen, dass das ganze System »undurchsichtig« bleibe.

Auch der deutsche Lobbyist Dieter Holzer ist in dem Verfahren angeklagt. Er muss sich wegen Beihilfe zur Veruntreuung von Firmengeldern beim Kauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie verantworten.

Frauen regieren Finnen

Finnland. »Wir haben eine Lesbe als Präsidentin und mich als Abgeordneten. Alles scheint möglich«, sagte der rechtspopulistische Politiker Tony Halme auf die Frage, ob er eine eigene parlamentarische Gruppe gründen wolle. Später entschuldigte er sich in einem offenen Brief an Staatspräsidentin Tarja Halonen. Die Wahren Finnen, wie die betont ausländerfeindliche Partei des ehemaligen Boxers heißt, hatten bei der Parlamentswahl Mitte März die Anzahl ihrer Sitze von einem auf drei erhöhen können. Halme selbst erreichte im Wahlkreis Helsinki hinter dem bisherigen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Paavo Lipponen das zweitbeste Ergebnis. Die Zentrumspartei von Anneli Jäätteenmäki verdrängte mit 27,5 Prozent die Sozialdemokratie auf den zweiten Platz. Jäätteenmäki könnte mit der Unterstützung weiterer Parteien zur ersten Frau an der Spitze der Exekutive werden. Ihre Partei verfügt nun über 55 der 200 Mandate.

Denunzianten denunziert

Tschechien. Etwas eigentümlich mutet der Umgang der Tschechen mit ihrer realsozialistischen Vergangenheit an. Jetzt veröffentlichte das Innenministerium die offizielle Namensliste der registrierten Mitarbeiter und Agenten der ehemaligen Staatspolizei auf seiner Internetseite. 75 000 Namen befinden sich darauf. Wer keinen Zugang zum Internet hat, kann sich die Namen auch kostenlos beim Ministerium abholen, nämlich: schenken lassen. Dazu braucht man allerdings zumindest einen Leiterwagen. Die zwölf Bände mit 5 000 Seiten wiegen insgesamt acht Kilo. Bereits seit einem Jahr haben alle Bürger die Möglichkeit, in die geheimen Dokumente aus den Archiven des Staatsicherheitsdienstes Einsicht zu nehmen.

Kollateraltreffer in Madrid

Spanien. Die Proteste richteten sich nicht allein gegen den Irakkrieg. Hunderttausende forderten den Rücktritt der Regierung José Maria Aznars. In Barcelona wurde die Zentrale der regierenden Volkspartei teilweise zerstört. Mehrfach ging die Polizei mit gepanzerten Einsatzwagen, Gummigeschossen und Knüppeln gegen Demonstranten vor. Es habe nichts mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu tun, den Verkehr zu stören, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident, Mariano Rajoy. Spanische Aktivisten sprechen von den brutalsten Polizeieinsätzen seit den achtziger Jahren. Der symbolische Streik von 15 Minuten, zu dem die spanischen Gewerkschaften aufgerufen hatten, geriet indes zum Reinfall. In dieser Woche wollen die großen Gewerkschaften über einen Generalstreik entscheiden. Nach den Protesten gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie gegen die Fehler staatlicher Stellen bei der Bekämpfung der Ölpest gerät Aznar wegen seiner Unterstützung der USA erneut in Bedrängnis.