Hohes Geisterhaus

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ich-ag der woche

Liebe Isabel Allende! Als Nichte Salvador Allendes und Autorin des Bestsellers »Das Geisterhaus« kennt man Sie in jeder Wohnstube, in der man eine bestimmte Sorte schriftstellernder Heulsusen zu schätzen weiß. Auf Ihrer Internetseite behaupten Sie: »Schreiben ist wie Liebe machen. Nicht der Orgasmus ist wichtig, sondern der Weg dorthin.«

Wenn Sie Ihr Tagwerk beendet haben, finden Sie offenbar noch genug Zeit, um in Interviews denselben abgeschmackten Schmarren aufzusagen, den Sie auch schreiben. Gelegentlich fordern Sie dabei etwa »Respekt für jenen wunderbaren Planeten, der doch unser aller Mutter ist« oder für die »außerordentliche Geisterwelt« südamerikanischer Indios.

Wir wissen nicht, in welcher Parallelwelt Sie leben. Drei Dinge aber wissen wir: An Geister glauben wir nicht. Diesen Planeten halten wir nicht für wunderbar. Und beim Liebemachen ist uns der Orgasmus wichtig.

Jetzt sind Sie als Abgeordnete der sozialistischen Partei Chiles überraschend zur Präsidentin des Unterhauses gewählt worden und sind nunmehr praktisch sozusagen die Antje Vollmer Chiles. Zugegeben, das hört sich schlimmer an, als es ist, denn das Schöne daran ist ja: Sie haben vor lauter parlamentarischem Heckmeck vermutlich weniger Zeit, esoteriktantenhafte Prosa zu schreiben.

Erst im vergangenen Jahr, zu Ihrem sechzigsten Geburtstag, beunruhigten Sie uns mit dem Satz: »Schon eine kleine Meldung in einer Zeitung kann mich zu einem Roman anstiften.« Und nun, wo wir uns des Satzes wieder erinnern, fragen wir uns: Haben Sie etwa schon wieder geschrieben? Finger weg von der Tastatur!

thomas blum