Mittwoch, 27.03.2019 / 13:16 Uhr

Ein terroristischer Anschlag des westlich-jüdischen Zionismus?

Von
Silas Gudea, Istanbul

Ein exemplarischer Fall einer propagandistisch-wahltaktischen Leichenfledderei des rassistisch motivierten Terroranschlags in Christchurch (NZ), durch das regierungsfreundliche und Muslim Brotherhood verbundene Magazin “Gercek Hayat”-

Das wöchentliche Scannen der Printmedien in der Türkei ist in den letzten Jahren relativ einfach geworden. Gab es am Beginn des neuen Millenniums noch eine ganze Latte unabhängiger, sowohl türkischer als auch fremdsprachiger Publikationen in der Türkei, so registriert der geschulte journalistische Blick fast nur noch regierungskonforme Hefte in den Kolonnen und Kolumnen der Regale des Zeitschriften- und Buchhandels. Trotz aller Konformität sticht ein Heft besonders ins Auge. Unter dem Titel “Terörün gerçek fâili - Batı Terör Örgütü” sieht man auf einem Magazincover ein um 45 Grad linksverdrehtes, schwarzes, christliches Kreuz, das zur Faustfeuerwaffe karikiert wurde. Aus der vermeintlichen Mündung, ein ballistisches Projektil heraus feuernd. Der Name des Printmediums? Die zum regierungsvervetterten Albayrak Unternehmenskonglomerat gehörende Zeitschrift “Gercek Hayat”, übersetzt “Das wahre Leben”.

 

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Der Chefredakteur des Magazins, Kemal Özer, eröffnet sein Editorial auch direkt mit der Headline: “Westen = Terror”. Weiterhin schreibt Özer, dass der weltweite Terror, der allzeit gegen Muslime in aller Welt stattgefunden und im terroristischen Mordanschlag in Christchurch seinen Gipfel erreicht hat, von der “jüdisch infiltrierten Westlichen Terror Organisation” zu verantworten sei. Wörtlich schreibt Özer:”Biz buna topluca içine Yahudi kaçmis Batı Terör Örgütü (BTÖ) diyoruz.” Diesen Duktus behält dieses Sonderheft zum vermeintlichen Gedenken an die Opfer von Christchurch, selbstverständlich bei. Im Leitartikel des Heftes führt dann auch die Autorin Sevda Dursun an, dass es Indizien für eine Beauftragung des Massenmordes durch den israelischen Mossad, den deutschen BND, der U.S. amerikanischen CIA und dem britischen MI6 gäbe.

Ohne Beweise aufzuführen behauptet die Autorin, dass der Killer von Christchurch eine private Audienz bei dem israelischen Regierungschef Bibi Netanyahu und dem Mossad gehabt habe. Die perfide Verwurstung dieser grauenvollen Tat zu AKP-Wahlkampfzwecken, die den aktuellen Vorabend für die Neuwahl der Stadt- und Provinzverwaltungen zur nationalen Existenzfrage aufgeblasen hat (“Beka sorunu”), und nur von einem starken Führer ausgefochten werden kann, hat in dem Manifest des Killers von Christchurch ein gefundenes Fressen gefunden. Autorin Dursun pickt manipulativ-geschickt die Aussage des Mörders heraus, wonach sich die Türken auf das Land östlich des Bosporus verziehen sollen und Istanbul wieder zum byzantinischen Konstantinopel restauriert werden solle, um damit die von der AKP propagandistisch aufgeblasene nationale Existenzfrage zu untermauern. Ohne einen Sieg der AKP in den türkischen Städten und Provinzen, so die Autorin, sei das Land verloren und verkauft an eben diese “Westliche Terror Organisation” (BTÖ).

Warum sich ein international agierendes Unternehmen, wie die Albayrak-Gruppe, die ferner Regierungschef Erdogan familiär nahesteht, solch eine offen rassistische und sowohl  juden- als auch christenfeindliche Publikation erlaubt, sollte einem rational denkenden und handelnden Menschen die Sprache verschlagen.

Nicht nur einmal, sondern mehrmals!