Montag, 27.08.2018 / 15:18 Uhr

„Zu sagen, Frankreich sei verurteilt worden, ist Desinformation“

Von
Karl Pfeifer

Der Kindergarten Baby-Loup gewann im März 2013 einen Prozess, nachdem er eine Angestellte entlassen hatte, die sich am Arbeitsplatz verschleiern wollte. Fünf Jahre später behauptet das Magazin L’Obs, dass die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen Frankreich „verurteilt“ habe als „schuldig wegen des Verletzens der Freiheit der Religion und Diskriminierung der moslemischen Frauen“. Der Anwalt des Kindergartens, Richard Malka, brandmarkt dies als „Desinformation“.

Von Elisabeth Lévy, 27. August

Übersetzt aus dem Französischen Karl Pfeifer

 

Elisabeth Lévy: Ich hörte einen Journalisten von France Inter erklären (mit sichtbarer Befriedigung), dass Frankreich von der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen „verurteilt“ wurde in der Affäre Baby-Loup. Ist das wahr? Kann eine Vernebelungskommission, in der sich solche um die Menschenrechte besorgte Länder wie Syrien und der Iran befinden, dies tun?

Richard Malka. Nein, Frankreich wurde nicht „verurteilt“. Nur ein Gericht kann verurteilten und die Menschenrechtskommission ist keines. Im Gegensatz dazu, was L’Obs mit Trommeln und Trompeten erklärte, hat die Meinung dieser Kommission keinen Wert und ist nicht verbindlich. Das ist für mich ein Nichtereignis, das nur einen Medienlärm verursacht und eine ideologische Sicht bedient.
Ich habe ebenfalls die Befriedigung gewisser Medien bemerkt, insbesondere die des L’Obs. Was mir schwerwiegender scheint, ist die Tatsache, dass man, bevor man diese angebliche „Verurteilung“ herausposaunt, nichts überprüft. Das ist einfach die Meinung einer Kommission, deren Voreingenommenheit und ideologische Sicht über Fragen der Religion und deren Konzept der Menschenrechte eher den Vorstellungen von Saudi-Arabien gleicht als denen der westlichen Welt. Ganz einfach, das Kassationsgericht hat dem Begehren der Klägerin nicht stattgegeben.

War diese Selbstzufriedenheit, die Sie heute bemerken, auch die Norm während der ganzen Affäre Baby-Loup?

Ja, ich habe das auch erfahren, als L’Obs, ohne mich anzurufen, ohne einen Widerspruch zu entdecken, berichtete. Obwohl die Journalistin, die diesen Artikel verfasst hat, seit Anfang dieser Affäre einen sehr bestimmten Standpunkt vertritt und schon immer meine Telefonnummer kannte. Um diese falsche Information publizieren zu können, was einer Desinformation gleichkommt, hat sie es verabsäumt, eine gegensätzliche Meinung einzuholen.

Le Monde hat die Depesche von AFP publiziert und Ihre Reaktion unterschlagen?

Absolut, was ein wenig erstaunlich ist. AFP hat mich nach Erscheinen des L’Obs-Artikels selbstverständlich angerufen. Ich erklärte, warum diese Erklärung der Kommission keinen zwingenden Wert hat. Le Monde hat die Depesche abgedruckt, aber ohne meine Reaktion. So präsentiert man dem Publikum eine Realität, die keine ist.

Können Sie uns die Affäre in wenigen Worten zusammenfassen?

Ja, die Frage war, ob die Angestellte eines Kindergartens, die sich um Kleinkinder zu kümmern hatte, nach fünf Jahren Mutterschafts- und Elternurlaub, plötzlich den Schleier tragen durfte. Der Kindergarten hat mit nein geantwortet, die französische Justiz, bis zum Kassationsgericht in voller Besetzung, hat auch nein gesagt. Man kann also keine fremde Rechtskultur erzwingen durch das Vorurteil einer Kommission, die keinerlei Legitimität besitzt, um einen Rechtsbeschluss zu fassen. Das wäre eine Beleidigung der französischen Justiz – die beschlossen hatte, Frau Afif nicht mit unseren Steuergeldern zu entschädigen.

Sie haben in der ersten Instanz gewonnen, dann im Kassationsgericht. Sind Ihre Gegner zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegangen?

Nein, sie wollten nicht. Sie waren sicher, kein günstiges Urteil zu erhalten.

Wenn die Affäre heute beginnen würde, wären Sie sicher, zu gewinnen?

Bezüglich solcher Fragen wird die Situation immer schwieriger. Man sieht in der Positionierung und der Medienberichterstattung, dass eine gewisse Elite es lieber gesehen hätte, das Baby-Loup verliert. Aber das war damals nicht der Fall und das ist es auch heute nicht.