Linksalternative Fakten im Fall Nawalnyj

Die Spur führt in Trumps Küche

Alternative Fakten im Fall Nawalnyj.
Die preisgekrönte Reportage Von

»Hallo, hier Detektei Emil – wir lösen den Fall auf jeden Fall!« Das Telefon in dem kleinen rotgetünchten Büro am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin will gar nicht mehr stillstehen. Die beiden Telefonkräfte Bartsch und Ernst kommen mit den Anfragen kaum hinterher. »Wir sind die erste Privatdetektei, die von Berufspolitikern geführt wird«, sagt Archivar Hunko in den Lärm der Telefongespräche hinein. Seit sich führende Vertreter der Partei »Die Linke« in den Fall des vergifteten Kreml-Kritikers Aleksej Nawalnyj eingeschaltet haben und mit völlig neuen Theorien aufwarten konnten, ist der Bedarf an weiteren Investigativrecherchen sprunghaft gestiegen.

Etwa im Fall der geraubten Sachsenjuwelen. »Es wäre zu einfach, hier die Schuld bei Kriminellen zu suchen«, sagt Bartsch in der Mittagspause und pustet feinen Staub aus seiner alten Tabakpfeife. Nach einem kurzen Hustenanfall erklärt er seine Theorie: »Wer hätte denn ein Interesse daran, das kulturelle Erbe Sachsens zu beschädigen? Doch sicher Trump und seine Spießgesellen!« Hunko, in einen dicken Trenchcoat gehüllt, assistiert eifrig: »Trump war noch nie in Sachsen. Zufall? Wohl kaum! Dass zwei ehrbare sächsische Wachleute von einfachen Gangstern überlistet werden sollen, will mir einfach nicht einleuchten. Ich vermute: Die Banditen wurden vom CIA gebrieft, hatten Drohnen oder explodierende Kugelschreiber!«

Ob sich die Ermittlungen im Fall Nawalnyj wirklich durch alternative Spekulationen von Linken-Politikern beschleunigen lassen, darüber herrscht in Berlin derzeit Uneinigkeit, genau wie über die Frage, wie geschmackvoll solche Kommentare eigentlich sind. Tatsache ist jedoch, dass führende Linksparteiler bereits Fälle ganz anderen Kalibers zu lösen vermochten. »Wir können jetzt mit 99 prozentiger Sicherheit sagen, was sich hinter der alten Fabel von dem schrecklichen Schneemenschen ›Yeti‹ verbirgt«, sagt Ernst. »Wir glauben, dass hinter dem Yeti ein Komplott des US-Imperialismus steckt, um die Himalaya-Region in den Augen der Weltöffentlichkeit zu diskreditieren. Wir werten derzeit noch alte Yeti-Bilder aus, stehen aber jetzt schon für Pressenanfragen und Talkshow-Besuche zur Verfügung. Zu beliebigen Themen! Alles anbieten.«

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.