Der Abzug von US-Truppen aus Deutschland

Deutschland ist endlich flügge geworden

Der US-Truppenabzug aus Deutschland.
Die preisgekrönte Reportage Von

Es ist ein seltsamer bunter Haufen, der da zu sehen ist. Regenbogenfahnen wehen neben der Reichskriegsflagge; linke Splittergrüppchen, Verschwörungstheoretiker und knallharte Rechtsradikale, sonst einander spinnefeind, sind sich einig im Protest gegen den gemeinsamen Feind. »Wenn wir es wollen, ist das Pack bald weg«, hallt es durch die Straßen. Doch auch in manchen Redaktionen und Abgeordnetenbüros kann man sich grundsätzlicher Sympathien nicht erwehren: Die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, amerikanische Truppen aus Deutschland abzuziehen, sorgt für helle Begeisterungsstürme, von ganz links bis ganz rechts.

»Bitte vergesst eure Atomwaffen nicht«, twitterte Dietmar Bartsch (Die Linke), »Hurrah, hurrah« der AfD-nahe Investmentberater Max Otte. »Von dieser Strafe kann ich gar nicht genug kriegen«, ließ Gregor Gysi verlautbaren, die AfD hingegen sieht eine Forderung ihres Wahlprogramms verwirklicht. Nicht verwunderlich, sagt der Nationalpsychologe Max Felix Tyranno: »Die Anwesenheit der Amerikaner wirkt ödipalisierend: Wie ein Elternteil, das sich weigert, aus der gemeinsamen Wohnung der erwachsenen Kinder auszuziehen. Deutschland ist in dieser Hinsicht flügge geworden, braucht bei der Verwaltung Resteuropas keine lästige Kontrollinstanz mehr.«

Um 12 000 Mann will Trump die Truppenstärke reduzieren – vorgeblich, weil Deutschland nach wie vor zu geringe Zahlungen an die Nato leistet. »Natürlich haben Leute wie Xavier Naidoo, die Deutschland lauthals als besetztes Land schmähen, ein verzerrtes Weltbild«, sagt Tyranno. »Das sollte man schön leise machen, auch weil es letztlich stimmt.« Ob der Abzug der Truppen nicht einen kleinen Sieg für den russischen Präsidenten Putin darstellt, will der Experte nicht beantworten: »Einerseits, weil ich die Frage zu suggestiv finde, aber auch, weil ich keine Lust habe, plötzlich mit Polonium vergiftet zu werden! Ich finde, Deutschland sollte sich aus dem Ringen der Weltmächte raushalten – und nach eigenem Gutdünken überall hin Truppen entsenden.«

Ob nach den Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen am Wochenende die Anwesenheit internationaler Truppen in Deutschland nicht als ein zivilisierender Faktor zu sehen wäre? »Das ist mir eine Frage mit zu vielen Fremdwörtern. Ich fordere eine Abzug aller ausländischen Vokabeln aus dem Reichsgebiet – erst dann lasse ich wieder über Geopolitik mit mir reden!«

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.