Hinter der Bewegung »Fridays gegen Altersarmut« stecken auch Rechtsextreme

Der Enkeltrick der Rechten

Für diesen Freitag rufen verschiedene Gruppen unter dem Motto »Fridays gegen Altersarmut« zu Kundgebungen und Mahnwachen auf. Zu den Unterstützern gehören auch Rechtsextreme.

Eine alte Frau sammelt in einer Plastiktüte Pfandflaschen. Darüber steht der Schriftzug »Fridays gegen Alters­armut« (FGA). Mit solchen Logos rufen mehrere Facebook-Gruppen zu einem bundesweiten Aktionstag an diesem Freitag auf. In fast 200 Städten sollen Kundgebungen und Mahnwachen stattfinden. Die Organisatoren von FGA legen im Internet Wert auf Überparteilichkeit. Man sei weder links noch rechts, betonen sie immer wieder. »Unsere Bewegung fühlt sich nur dem kleinen Mann (Bürgern) verpflichtet, deswegen bleiben wir politisch unabhängig. Wir ­lassen uns von keiner einzigen Partei, Gruppierung oder Politikern instrumentalisieren«, heißt es in einer Presseinformation von FGA.

In der Diskussion über Altersarmut werden in den FGA-Gruppen im Internet meist Platitüden ausgetauscht. »Altersarmut ist ein Thema, das uns alle etwas angeht. Soziale Einsamkeit, Schamgefühl und so vieles mehr geht einher mit einem Leben unter dem Existenzminimum. Das ist schon schwer für junge Menschen, aber ›Alte‹ können viele Dinge auch nicht mehr selber, sie haben Vorarbeit für uns geleistet. Wir sollten, nein, ich finde, müssen wenigstens etwas zurückgeben«, schreibt eine Nutzerin in einer FGA-Gruppe.

Einige AfD-Kreisverbände unter­stützen »Fridays gegen Altersarmut«.

In einem Papier fordert FGA die »sofortige Einführung eines solidarischen Rentensystems, in dem ausnahmslos alle einzahlen müssen«, also etwa auch Beamte und Selbständige. Eine Diskussion über weitergehende sozialpolitische Maßnahmen, die zur Vermeidung von Altersarmut beitragen könnten, sucht man vergeblich. So wird etwa weder über das bedingungslose Grundeinkommen noch über die Einführung einer Mindestrente diskutiert, wie sie die Linkspartei fordert.

Längst ist Beobachtern aufgefallen, dass in FGA-Gruppen im Stil der AfD über die sogenannten Altparteien ­lamentiert wird. Die Frankfurter Rundschau berichtete, ein Administrator der größten FGA-Gruppe auf Facebook sei auf einem Bild mit einem Thorshammer um den Hals zu sehen, einem in rechtsextremen Kreisen beliebten Symbol.

Zu den Unterstützern der FGA gehören der Frankfurter Rundschau zufolge auch der Pegida-Ableger »Hannover gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Hagida), der »Kandel-Kanal« und die Kleinpartei »Deutsche Mitte«. Der über einen Messengerdienst ­betriebene »Kandel-Kanal« informiert nach eigenen Angaben über das »Frauenbündnis Kandel«. Dieses veranstaltete seit Januar 2018 Demons­trationen, nachdem ein Flüchtling aus Afghanistan Ende 2017 im rheinland-pfälzischen Kandel seine 15jährige ehemalige Freundin ermordet hatte (Jungle World 12/2019). Auf dem Kanal werden unter anderem Beiträge des verschwörungsideologischen Magazins Compact und der österreichischen Internetplattform unzensuriert.at geteilt, die der rechtsextremen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nahesteht. Die »Deutsche Mitte« verbreitet über ihre Web­site Verschwörungsideologien. »Ja, der ›Klimawandel‹ ist menschengemacht – von machtgeilen Strategen im Geheimen und ihren willigen Helfern«, heißt es in einem Gastbeitrag auf der Website. In ihrem Kurzprogramm ­plädiert die Partei im Israel-Palästina-Konflikt für eine »Ein-Staaten-Lösung« – »bei vollem Rückkehrrecht aller Palästinenser«.

Auch einige AfD-Kreisverbände (KV) unterstützen FGA. Der KV Offenbach-Land und der KV Ulm/Alb-Donau verwiesen auf Facebook auf die größte ­bestehende FGA-Gruppe. Die rechts­extreme Kleinpartei »Die Rechte« rief ihre Anhänger am vergangenen Samstag auf ihrer Website dazu auf, am Aktionstag von FGA teilzunehmen.

Seit längerem gerieren sich Rechtsextreme unterschiedlicher Richtungen als Verteidiger der deutschen Rentner, die angeblich gegenüber Flüchtlingen benachteiligt würden. »Rentner müssen Flaschen sammeln und bei Tafeln anstehen – Altparteien konzeptlos«, ist ein im Juli vorigen Jahres auf der rechtsextremen Website PI-News veröffentlichter Text überschrieben. In diesem wurde die AfD aufgerufen, dass Thema Altersarmut zu besetzen.

Am kommenden Freitag wird sich zeigen, ob die regen FGA-Aktivitäten nicht nur im Internet, sondern auch auf Straßen und Plätzen stattfinden werden, oder ob die Kampagne ein ebensolcher Misserfolg wird wie die Ver­suche Rechtsextremer, eine deutsche Bewegung von Gelbwesten zu initiieren. Eine seit Jahren im hessischen Fulda engagierte Linke warnte im Gespräch mit der Jungle World davor, FGA zu unterschätzen. Sie habe mit Menschen gesprochen, die sich lange Zeit in linken Gruppen engagiert hätten, mittlerweile aber bei FGA mitmischen wollten. Mittlerweile haben sie die ­geplante Kundgebung wieder abgemeldet.