Der Begriff des Extremismus ist eine ideologische Waffe

Hakenkreuz und Hufeisen

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Daher kamen einige offizielle und inoffizielle Mitarbeiter des Verfassungsschutzes auf die Idee, den Begriff ­»radikal« durch »extremistisch« zu ersetzen. Der Duden versteht »extremistisch« als eine »extreme Einstellung«. »Extrem« ist oder soll das »Äußerste« und von der Mitte Abweichende sein. Und das gilt als irgendwie schlecht. Das verstehe, wer will. Eine schlüssige Begründung existiert nicht und ist auch nicht ersichtlich: Man würde schließlich auch keinen Bergsteigern verübeln, dass sie eine Extremsportart betreiben, oder eine mittelmäßige Examensarbeit als »gut« bewerten.

Vollends problematisch wird es, wenn man die unzureichend definierten und negativ konnotierten Begriffe »extrem« und »extremistisch« zur abwertenden Bezeichnung von linken und rechten politischen Parteien verwendet, die kaum etwas gemeinsam haben und oft gegen ihren Willen auf die linken und rechten Ränder verwiesen sind. Diese Einordnung orientiert sich an der Sitzordnung in den meistern europäischen Parlamenten. Hier sind die Abgeordneten der linken und rechten Parteien auf den linken und rechten Rändern des halbkreisförmigen Parlamentssaals platziert.
Doch dies war und ist in keineswegs allen europäischen Parlamenten der Fall. Die linken und radikalen Mitglieder des nach der Französischen Revolution von 1789 gebildeten Nationalkonvents benutzten die obersten und höchsten Sitzreihen des Parlaments. Daher wurden sie zu »La Montagne« (Bergpartei) gezählt. Die gemäßigteren sogenannten Girondisten wurden dagegen nach ­ihrer Sitzposition in den niedrigsten Rängen als »Marais« (Sumpf) bezeichnet, beziehungsweise beschimpft. Die parlamentarische Sitzordnung, wonach die Linken links, die Rechten dagegen rechts sitzen, wurde in Frankreich erst nach der Julirevolution von 1830 ein­geführt und dann von den meisten anderen europäischen Parlamenten übernommen.

Das britische Parlament folgte dem kontinentaleuropäischen Beispiel nicht. In ihm sitzen sich die Abgeordneten der Opposition und der Regierung gegenüber. Heutzutage sind das die konservativen Tories und die Abgeordneten der Labour-Partei. Das muss sowohl den rechten Tories wie den linken Labour-Abgeordneten gefallen. Sie können nicht als Links- und Rechtsextremisten bezeichnet und beschimpft werden, weil sie nicht auf den linken und rechten Rändern des Parlamentssaals platziert wurden.