Jan Marot hat im Sultanat Oman zwischen Prachtbauten nach Regimekritik gesucht

Opulenz und Ohnmacht

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Im krassen Kontrast dazu steht der »American way of life« der Oberschicht. Die Treffpunkte der Omanis und indischer Migranten, die es in die obere Mittelschicht geschafft haben, sind nicht wie im Maghreb Medinas und Teehäuser, sondern – auch klimatisch bedingt – die riesigen Einkaufszentren der großen Städte. Auf den Straßen dominieren edle Sport-Coupés und SUVs, am Rande sieht man Arbeitsmigranten auf klapprigen Fahrrädern oder zu zweit oder zu dritt auf durchgerosteten Mofas und Motorrädern. Manche versuchen, an den Autobahnen zu trampen. Viele Omanis behandeln die Arbeitsmigranten von oben herab.

Lediglich knapp 280 000 Omanis sind in der Privatwirtschaft beschäftigt. Denn auch in der Erdöl- und Gasförderung arbeiten viele Ausländer, vor allem aus Polen, Rumänien und Großbritannien. Während der 1 100 Kilometer langen Busfahrt von Maskat nach Salala passiert man auf einer Strecke von mehr als 150 Kilometern die Ölfelder. Ein Ölarbeiter erzählt, er absolviere »stets für einen Monat in der steinigen Wüste« Schichtdienste.

Vielen Protestierenden ist die Beschäftigung von Ausländern im Ölsektor ein Dorn im Auge. Zu ihren Forderungen zählte daher auch, Arbeitsgenehmigungen für ausländische Arbeiter restriktiver zu vergeben. Qabus ­reagierte Anfang des Jahres auf die Proteste erneut mit dem Versprechen, mehr als 25 000 neue Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zu schaffen, und hob die Staatsausgaben für Bildung, Gesundheit, Soziales, Infrastruktur und Wohnungsbau deutlich an, obwohl der Staatshaushalt bereits hochgradig defizitär ist. Auch die Beamtengehälter wurden angehoben. Die Ölvorkommen des Oman sind deutlich geringer als die der Nachbarn Saudi-Arabien, Katar und Dubai. Das Sultanat lebt zudem vom Seehandel, dem Fischfang, dem Tourismus und der metallurgischen Industrie. Bis 2040 will sich der Oman von der Ölabhängigkeit lösen, Sektoren wie nachhaltige Energien, Tourismus und die digitale Ökonomie sollen ausgebaut werden.

Zoff mit den Saudis

Die Beziehungen des Oman zu den Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, sind getrübt. Als einer der wenigen arabischen Staatschefs pflegt Qabus mit dem Iran auch seit der Islamischen Revolution 1979 freundschaftliche diplomatische Kontakte. Der Sultan folgte 2017 nicht dem saudischen Boykottaufruf gegen Katar und traf sich mit Syriens Diktator Bashar al-Assad. Zuletzt kam 2018 aber auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zum Staatsbesuch in den Oman.

Zum Nachbarland Jemen, in dessen Bürgerkrieg seit 2015 eine von Saudi-Arabien geführte militärische Allianz kämpft, hat der Oman weiterhin Beziehungen, das Land ließ seine Grenzen offen. »Wer humanitäre Hilfe braucht, der darf aus dem Jemen in den Oman kommen«, sagt Ali*. Er kommt aus Nigeria, hat als Sohn eines Omanis und einer Nigerianerin die omanische Staatsbürgerschaft und arbeitet als Rezeptionist in einem Hotel in Salala, knapp 50 Kilometer von der Grenze zur jemenitischen Region al-Marah entfernt. Er habe Kontakte zu Militärangehörigen und Ärzten in der Region. »Verletzte und Kranke werden auch von der omanischen Luftwaffe ausgeflogen«, so Ali. »Darum hassen uns die Saudis, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Aber uns Omanis geht es nicht um Ein­mischung in den Bürgerkrieg. Uns geht es um die Menschen dort.« Der Sultan habe in dieser Situation das Richtige gemacht, meint Ali. In den Emiraten sieht man dies freilich anders und ist sich sicher, dass über den Oman und die südliche Grenzregion iranische Waffen an die Houthi-Rebellen geliefert werden.

* Name von der Redaktion geändert