Proteste in Uganda

Widerständige Universität

Im ugandischen Kampala protestieren Studierende der Makerere-Universität gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Eine Organisatorin der Proteste wurde nun von Unbekannten überfallen.

»Wir wurden zehn Stunden ohne Trinken und Essen in einer Zelle eingesperrt«, berichtet Siperia Saasiraabo auf ihrer Facebook-Seite. Sie ist die ­Organisatorin eines Streiks von Studentinnen und Studenten der Makerere-Universität in Ugandas Hauptstadt Kampala. Seit Montag vergangener Woche protestieren sie gegen die jüngst von der Universitätsleitung beschlossene Erhöhung der Studiengebühren. Diese sollen während der kommenden fünf Jahre jedes Jahr um 15 Prozent der jetzigen Gebühren ­angehoben werden; somit würde die Studiengebühr 2025 um 75 Prozent ­höher ausfallen als heute.

Die unter 30jährigen, die fast 80 Prozent der Bevölkerung Ugandas ausmachen, haben nie einen anderen Präsidenten als Museveni erlebt und fordern einen demokratischen Machtwechsel.

Polizei und Militär versuchten, die Demonstrierenden mit Tränengas und Gummigeschossen auseinanderzutreiben. Als eine Gruppe von Studentinnen sich auf den Weg zum Regierungsgebäude machte, um Präsident Yoweri Museveni zum Handeln aufzufordern, wurden 15 von ihnen festgenommen. Am Tag darauf stürmten weitere Studierende die Polizeistation, um die sofortige Freilassung aller bei den Protesten inhaftierten Kommilitoninnen und Kommilitonen zu fordern. Mit ihrer Freilassung am Dienstagnachmittag erhielten Saasiraabo und der Student Frank Bwambale die Nachricht, sie seien von der Universität mit der Begründung suspendiert worden, sie hätten andere Studierende zu Gewalt und Anarchie aufgerufen.

Seit Anfang des Jahres mussten Saasiraabo zufolge bereits 2 500 Studierende die Universität wegen steigender Gebühren verlassen, vor allem Frauen. Für sie wird der Zugang zu höherer Bildung schwieriger, da viele Familien wegen der steigenden Kosten nur noch die Söhne an die Universität schicken. Immer mehr Studentinnen ­werden zudem in die Prostitution gedrängt, um die Gebühren bezahlen zu können. Doch auch mit einem Abschluss sind die Chancen auf eine Anstellung schlecht; die Arbeitslosen­quote bei Arbeitsfähigen zwischen 18 und 30 Jahren lag 2015 dem Statistikbüro Ugandas zufolge bei 16,4 Prozent.

Seit der Unabhängigkeit Ugandas im Jahr 1962 war die Makerere-Universität immer wieder Ausgangspunkt von Widerstand gegen diktatorische Regime. Seit 2017 demonstrieren Studierende gegen die Aufhebung der ­Altersgrenze für das Amt des Präsidenten, seit vergangenem Jahr gegen ­sexuelle Gewalt von Dozierenden und im Rahmen der weltweiten Protest­bewegung »Fridays for Future« für eine bessere Klimapolitik. Dabei nimmt die Regierung Museveni jede Form der Kritik der Jugend als direkten Angriff auf ihre Herrschaft wahr. In der älteren Bevölkerung wird Museveni dafür geschätzt, dass er mit seiner Machtübernahme im Jahr 1986 die Gewaltherrschaft von Idi Amin (1971 bis 1979) und Milton Obote (1966 bis 1971 und 1980 bis 1985) beendete und relativen Frieden brachte. Doch die unter 30jährigen, die fast 80 Prozent der Bevölkerung Ugandas ausmachen, haben nie einen anderen Präsidenten erlebt und fordern einen demokratischen Machtwechsel.

Eine der bekanntesten Regimegegnerinnen ist Stella Nyanzi, die an der Makerere-Universität arbeitete. 2017 nannte Nyanzi Museveni in sozialen Netzwerken »ein Paar Arschbacken« und wurde des­halb im August 2019 wegen Beleidigung des Präsidenten zu 18 Monaten Haft verurteilt. Mit öffentlichen Beleidigungen möchte sie auf die autoritäre Politik der Regierung aufmerksam machen. Radikale Unhöflichkeit war in Uganda schon während der Kolonialzeit eine weitverbreitete Form des Protests. Wie auch Saasiraabo und Bwambale wurde Nyanzi im Laufe des Gerichtsverfahrens von der Universität suspendiert.

Am Mittwoch vergangener Woche sagte Saasiraabo dem ugandischen Fernsehsender NTV, dass sie Drohungen erhalten habe. Am Donnerstagmorgen wurde sie ins Mengo-Krankenhaus eingeliefert, nachdem ein Kommilitone sie in Kasubi, einem Vorort von Kampala, verwirrt und mit verdreckten Kleidern aufgefunden hatte. Sie war am Vortag mutmaßlich vom Campus entführt und zusammen­geschlagen worden. Bislang konnte sie sich noch nicht selbst zu dem Vorfall äußern.
Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass Präsident ­Museveni versucht, die Meinungsfreiheit vor den kommenden Wahlen 2021 weiter einzuschränken, um sich eine weitere Amtszeit zu sichern. Trotz Einschüchterungsversuchen der Regierung halten die Proteste an der Universität an. Die Studierenden wollen nicht aufhören zu demonstrieren, bis das Militär und die Polizei den Campus verlassen haben und sich der Präsident ihr Anliegen anhört.