Proteste in Bolivien gegen eine weitere Amtszeit von Evo Morales

Morales machts noch einmal

In Bolivien wurde am Sonntag gewählt. Für große Proteste hatte zuvor die erneute Kandidatur des Präsidenten Evo Morales gesorgt – die einem Referendumsbeschluss und der Verfassung widersprach.

Arturo Rojas will an diesem 10. Oktober früher Feierabend machen. Für den selbständigen Taxifahrer aus La Paz ist es ein besonderer Tag. »Das ­Komitee zur Verteidigung der Demokratie (Conade) ruft heute zum cabildo (Rat, Anm. d. Red.) in La Paz auf. Bei der Kundgebung will ich unbedingt dabei sein und meine Ablehnung einer weiteren Amtszeit von Evo Morales kundtun«, sagt der Mann von Anfang 60. Für ihn sei Boliviens amtierender Präsident nicht mehr tragbar. »Ein Präsident, der sich nicht an die Verfassung hält, der die Gesetze nicht respektiert, ist ein schlechtes Vorbild«, ärgert sich Rojas und fährt am Platz vor der Kirche San Francisco im Zentrum von La Paz vorbei. Dort wird die Großveranstaltung am Abend stattfinden, die Handwerker installieren bereits die Technik.

»Ein Präsident, der sich nicht an die Verfassung hält, der die Gesetze nicht respektiert, ist ein schlechtes Vorbild.«

Zehn Tage später, am vergangenen Sonntag, wurden in Bolivien der Präsident und sein Stellvertreter, 130 Ab­geordnete sowie 36 Senatoren für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. 

Ökozid und Lithium

Evo Morales wurde am 18. Dezember 2005 mit 54 Prozent der Stimmen zum ersten indigenen Präsidenten Boliviens gewählt. Am 22. Januar 2006 wurde er vereidigt. Trotz eines Referendums 2016 gegen seine erneute Kandidatur und obwohl die Verfassung mehr als zwei Amtszeiten verbietet, hatte der 59jährige zu den Wahlen am Sonntag erneut kandidiert. Doch er hat an Popularität eingebüßt. Vor der Wahl gab es zahlreiche Proteste gegen ihn. Die Kundgebung vom 10. Oktober war nicht die erste dieser Art in Bolivien.

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Bild:
Knut Henkel

Am 4. Oktober waren bereits Hunderttausende dem Aufruf des Conade in Santa Cruz gefolgt, der größten Stadt im Tiefland Boliviens. Eines der wichtigsten Themen dort waren die verheerenden Waldbrände, die Schätzungen zufolge auf bis zu 5,3 Millionen Hektar Wald in zwei Landesregionen in Rauch aufgehen ließen. Die Brände in der an Brasilien grenzenden Savannenregion Chiquitanía sowie in der Amazonas­region Beni konnten erst in der ersten Oktoberwoche aufgrund starker Regenfälle gelöscht werden, könnten aber jederzeit erneut aufflammen. Dafür machen viele Bolivianerinnen und Bolivianer die Regierung Morales verantwortlich, denn diese hatte kontrollierte Brandrodungen per Gesetz gestattet. Sie hat auch nicht den nationalen Notstand ausgerufen und keine interna­tionale Hilfe angefordert, um die außer Kontrolle geratenen verheerenden Feuer zu löschen. Die Demonstrierenden in Santa Cruz und La Paz bezeichneten dies als ecocidio (»Ökozid«), der vermeidbar gewesen wäre. Deshalb forderten die unter dem Dach der Conade versammelten Organisationen der Zivilgesellschaft eine Untersuchung der Hintergründe und der Verantwortlichkeiten.