Die Subventionierung abgehängter Regionen folgt kapitalistischen Zwängen

Lob der Subvention

Subventionen können soziale und regionale Ungleichheit mindern. Ihre Zuteilung folgt jedoch kapitalistischen Zwängen und Mythen.
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Es ist ungewöhnlich, wenn ein Unternehmerverband mitteilen lässt, dass »der Markt allein zu keinen volkswirtschaftlich befriedigenden Ergebnissen führt« und deshalb »Regulierung« für wünschenswert erklärt. Meist steht dahinter der Wunsch, dass mit öffentlichen Mitteln die für erforderlich gehaltene Infrastruktur bereitgestellt werden möge; die schwere Bürde des daraus resultierenden Profits trägt man dann gern wieder alleine. So verhält es sich auch beim »Diskussionspapier des 5G Lab Germany Dresden«, »initiiert« unter anderem vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Man fordert, dass in »ländlichen Räumen« die »Gleichwertigkeit auch im Hinblick auf Gigabit-Internetzugänge gewähr­leistet wird«.

Zu den Initiatoren gehört auch der Deutsche Bauernverband, der kaum jemanden repräsentieren könnte, herrschte nur der Markt ­allein. Der Anteil der Subventionen am Einkommen von Landwirtinnen und Landwirten beträgt 46 Prozent – vor allem EU-Direktzahlungen, hinzu kommen Agrardieselvergütung, Investitionszuschüsse, die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete sowie Zahlungen aus Agrarumweltmaßnahmen. Ohne Staatsknete wäre die deutsche Landwirtschaft nicht wettbewerbsfähig. Und für den nächsten Modernisierungsschritt, etwa den Einsatz von Drohnen, wird im Mobilfunknetz wohl 5G-Technologie benötigt.

Die Subvention ist die Sozialdemokratin unter den wirtschaftspolitischen Maßnahmen und so etwas wie das schmutzige Geheimnis des Kapitalismus. Höchst ungern möchte man einräumen, dass ein begünstigter Unternehmer sein Einkommen nicht allein seiner Leistung verdankt und dass Bedarf an staatlichen Lenkungsmaßnahmen besteht. Also nennt man die Subvention lieber einen Ausgleich oder einen Zuschuss. Weiterhin werden ja Bundesländer, Städte, ländliche Gemeinden und Individuen gedrängt, möglichst wettbewerbsfähig zu sein. Sie sollen sich optimieren und – auch das wird ungern ausgesprochen – andere, die das weniger gut bewältigen, abhängen. Sind die anderen aber zu weit abgehängt, ist es auch wieder nicht recht, denn no business areas kann sich ein kapitalistischer Staat nicht leisten.

Anders als von der Marktmythologie vorgesehen, sind im wirklichen Leben zudem meist nicht die Optimierungsleistungen entscheidend, sondern makroökonomische Faktoren wie der Niedergang der Schwerindustrie und der Herdentrieb der Anleger, der keineswegs immer ökonomischer Rationalität folgt, wie beispielsweise die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 eindrucksvoll ­bewiesen hat. Die Weltwirtschaft wurde damals nur durch Subventionen und temporäre Regulierung gerettet.

Ohne Subventionen würde sich der Kapitalismus selbst die Geschäftsgrundlage entziehen, zudem wäre die soziale und regionale Ungleichheit noch größer. Aber die Subvention ist auch insofern eine Sozialdemokratin, als sie nicht einfach so an Bedürftige ausgezahlt wird, um diesen zu helfen. Wird aus ökologischen Gründen ein Braunkohlebetrieb geschlossen, läge es ja nahe, die Entlassenen zu entschädigen und ihnen eine Umschulung ihrer Wahl zu finanzieren. Stattdessen sollen, meist kanalisiert über direkte oder indirekte Unternehmensförderung, neue Wirtschaftszweige angesie­delt werden. Das gelingt selten und nutzt noch seltener jenen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben.

In der Klimapolitik sind Subventionen zwar nicht ausreichend, aber ein notwendiges Mittel. Linke US-Demokraten versuchen mit ihrem Green New Deal, den sozialen Ausgleich mit der ökologisch notwendigen Umstrukturierung zu verknüpfen – eine auch für deutsche und europäische rust belts sinnvolle Idee. Dies durchzusetzen, erfordert allerdings etwas mehr Sinn für Strategie seitens der Linken und eine Abkehr vom Befindlichkeits- und Heimatkult. Wer auf dem Land lebt, wird sich wohl künftig mit dem Surren von Drohnen abfinden müssen, die auch für eine ökologische Landwirtschaft nützlich sein können.