Porträt - Joshua Wong

Junger Staatsfeind

Seit Mitte Juni gehen in Hongkong Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Ermöglichung von Auslieferungen nach China und den wachsenden Einfluss der Volksrepublik auf die Sonderverwaltungszone zu protestieren. Der 22jährige Joshua Wong gilt als einer der Wortführer der Hongkonger Demokratiebewegung – die chinesische Regierung betrachtet ihn als Staatsfeind. Wegen seines politischen Engagements wurde er mehrmals festgenommen und strafrechtlich verfolgt, er saß im Gefängnis.

Am 8. September wurde Wong erneut festgenommen, kurz vor einer geplanten Reise nach Deutschland, um dort für Unterstützung für die Hongkonger Demokratiebewegung zu werben. Nach einer Nacht in Gewahrsam kam Wong ­jedoch wieder frei und konnte nach Deutschland fliegen. In Berlin traf er vergangene Woche Außenminister Heiko Maas. Das kurze Zusammentreffen löste einen diplomatischen Eklat aus: Das chinesische Außenministerium bestellte den deutschen Botschafter ein und sprach von einem »Akt der Respektlosigkeit«. In der Tageszeitung Welt forderte Wong: »Deutschland sollte Einreisesperren verhängen und das Vermögen derjenigen einfrieren, die die Menschen in Hongkong unterdrücken wollen.«

Schon seit fünf Jahren fordert der Politikwissenschaftsstudent die chinesische Regierung heraus. 2014, als sich Zehntausende Studierende für ein allgemeines und freies Wahlrecht in der ehemaligen britischen Kolonie einsetzten und wochenlang einen zentralen Stadtbezirk blockierten, zählte Wong zu den Organisatoren der als »Regenschirmbewegung« bekannt gewordenen Proteste. Der damals 17jährige erlangte an ihrer Spitze internationale Bekanntheit und zierte 2014 das Titelbild des US-amerikanischen Time Magazine.

2016 gründete Wong mit anderen die oppositionelle Partei Demosisto; der Internetzeitung Hong Kong Free Press zufolge, die ihn als »pro-democracy poster child« bezeichnete, sagte er: »Unsere Entschlossenheit und unser Mut, für die Freiheit zu kämpfen, halten immer noch an. Hongkong verdient das allgemeine Wahlrecht.« Sein Engagement reicht weit zurück. Mit 14 Jahren begann Wong, sich politisch zu engagieren, als er mit einem Freund die aktivistische Schülergruppe Scholarism gründete, um gegen die geplante Einführung des Schulfachs »Nationale und moralische Erziehung« zu protestieren.