נושא - Mizrahische Juden gewinnen in Israel kulturell und politisch an Bedeutung

Israels Kampf der Kulturen

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Die sozioökonomische Differenz zwischen Aschkenasen und Mizrahim ist heute weniger groß als bei der ersten Generation der Einwanderer. Dennoch zweifeln viele an den sozialen Motiven linker Parteien. Ein Cafébesitzer in Ashdod, Israels Stadt mit der größten Gemeinde marokkanischer Juden, sagte am Tag der Knesset-Wahl im Februar der Tageszeitung Yedioth Ahronoth, dass es für die Mizrahim in der Stadt keine Rolle spiele, wie viel Geld sie haben, um sich benachteiligt zu fühlen. Benjamin Gantz und Jair Lapid von der Listenverbindung Blau-Weiß, so erklärte er, verträten in den Augen der Mizrahim der Stadt die historische Tradition der Arbeitspartei. Egal was passiert, so sagte er, »die Mizrahim und ihre Kinder werden niemals für die Linke stimmen«.

Die gesellschaftliche Anerkennung der Mizrahim wächst allerdings. Die »neuen Mizrahim«, zu denen sich Künstler, Studenten, Journalisten und Intellektuelle zählen, sind aktiver und treten vermehrt in die Öffentlichkeit. Sie sind Wortführer der zweiten und dritten Generation der Mizrahim. Ma’or Zaguri, ein Israeli marokkanischer Herkunft, Drehbuchautor und Regisseur, bemüht sich um eine ausgewo­gene Darstellung mizrahischer Kultur. In seiner Fernsehserie »Zaguri Impe­rium« geht es um eine marokkanische Einwandererfamilie in der Entwicklungsstadt Be’er Sheva, um patriarchale Strukturen und die Spannungen zwischen Mizrahim und Aschkenasen. In Israel war die Serie ein riesiger Erfolg. Seit der Staatsgründung, kritisierte Zaguri in seiner Kolumne in Yedioth Ahronoth, habe eine Einwanderergruppe im Kulturbetrieb geherrscht und eine andere Einwanderergruppe gedient. Aber damit sei nun Schluss.

Tatsächlich erlebt Israel gerade das Ende eines kulturellen Konflikts, der sich zugunsten der Mizrahim entschieden hat. Mizrahische Musik, die lange Zeit Spartenmusik war, wird derzeit in allen Musiksendern gespielt. Die israe­lische Küche ist überwiegend eine nahöstliche. Israel sei kein europäisches Land im Nahen Osten und nicht als solches begreifbar, so die These eines im März erschienenen Buchs über die Anfänge des israelischen Geheimdiensts. Der Autor ist der in Kanada geborene Israeli Matti Friedman. Das »echte« Israel, so Friedman, sei das nahöstliche, das als »Teil des Kontinuums des Judentums in der muslimischen Welt« betrachtet werden müsse.