Geflüchtete in Paris

Protest der Papierlosen

Seite 4 – Eine Unterkunft ist Glückssache
Reportage Von

Seine Flucht aus dem Sudan habe mehrere Monate gedauert, berichtet er. Nun sei bereits ein Jahr vergangen, seit er das Land verlassen habe. »Ich kann hier keine Fingerabdrücke hinterlassen«, sagt Ishag bestimmt und meint damit die Registrierung bei Behörden, »denn ich will nach England.« Sein Blick schweift auf die andere Seite der Straße, wo sich hinter einem Gitter ein Sportplatz befindet. Bisher hat Ishag nirgendwo seine Fingerabdrücke ab­gegeben, es gibt keine behördliche Spur von ihm. Zur derzeitigen Situation im Sudan befragt, sagt er: »Im Sudan kann es passieren, dass man umgebracht wird, nur weil man aus Darfur kommt.«

An der Porte de la Chapelle in Paris treffen sich Papierlose und Asylsuchende.

Bild:
Astrid Schäfers

Im Sudan begannen im Dezember 2018 Proteste gegen den inzwischen abgesetzten Präsidenten Omar al-Bashir. Das Regime machte unter anderem eine angebliche Terrorzelle aus Darfur für die Unruhen verantwortlich. Die Proteste schlug es gewalttätig nieder, Hunderte Menschen kamen bislang ums Leben. Dennoch schiebt Frankreich ­abgelehnte Asylsuchende in den Sudan ab. Nach Informationen der französischen Website infomigrants.net wurden dieses Jahr bereits fünf Sudanesen abgeschoben, 2018 waren es zwölf.

Mehrere sehr jung aussehende Männer setzen sich dazu und hören zu. ­Einer von ihnen stellt Osman Camara vor, einen jungen Mann aus Guinea. Er ist einer derjenigen Geflüchteten, die in Frankreich Asyl beantragt haben und trotzdem weder ein Zimmer noch Geld noch Essen von den französischen Behörden bekommen haben. Camara erzählt von seiner Flucht von ­Conakry nach Paris: »Ich bin gelaufen und dann mit dem Schiff nach Italien gekommen, nach Ventimiglia. Dann bin ich nach Frankreich eingereist und habe von Marseille aus einen Zug nach Paris genommen. Am Gare de Lyon habe ich jemanden gefragt, wo hier viele Schwarze sind. Mir wurde gesagt: an der Porte de la Chapelle.« Er lächelt: »Hier habe ich geschlafen und eines ­Tages haben sie uns Zelte gebracht, Franzosen und Deutsche, Freiwillige. Einen ­Monat später habe ich Asyl beantragt. In der Polizeipräfektur machen sie dann Fotos von dir und nehmen Fingerabdrücke. Wenn du sie dann fragst, ob du ein Zimmer bekommst, gucken sie nach, ob es Zimmer gibt. Wenn sie eins frei haben, hast du Glück.«