Lahme Literaten, Folge 18

Terra X für Altphilologen

Seite 2 – Nacheifernde Kollegen
Kolumne Von

Historiker, Sprach- und Naturwissenschaftler fanden Schrotts Kulturgütersammlungen krass »horizonterweiternd« (FAZ), Assyrologen und Hethitologen stritten auf Dutzenden von Podien über seine »Thesen zu Homer und Troja« (Wikipedia), und die von ihm ausgelöste Kontroverse über die griechische Assimilation des Kults um die Göttin Hepat-Musuni ist bis heute nicht beigelegt.

Angesichts von Schrotts Monopol auf dem Produktsegment Terra X für Altphilologen droht in Ver­gessenheit zu geraten, wie viele Kollegen seinem Beispiel nacheifern. Irgendwo zwischen Durs Grünbein, der nur deshalb nicht als Tertiärliterat durchgeht, weil er unbedingt Primärliterat sein will, und Michael Köhlmeier, der sich seine Zeit mit Nachdichtungen antiker Sagen vertreibt und mit Schrott unter dem Pseudonym Martin Schneitewind mit »An den Mauern des Paradieses« eine fast schon wieder bemerkenswert leere Autofiktion vorgelegt hat, finden hier die Ovid- und Homer-Neuerzählungen von Christoph Ransmayr (»Die letzte Welt«, »Odysseus, Verbrecher«) und die Odyssee- und Titus-Andronicus-Theatralisierungen von Botho Strauß (»Ithaka«, »Schändung«) ihren Platz – Werke von Autoren, deren Neigung zu gelehrter Intertextualität sie immer wieder vom Primär- ins Tertiärsegment zieht.

Unklar ist, welche Menschen aus welchen Gründen solche Erzeugnisse literaturgeschichtlicher Wiederaufbereitung lesen. Aber auch darüber gibt es sicher schon eine Qualifikationsarbeit.