Die Bevölkerung in Ecuador stimmt gegen Bergbauprojekte

Schützen statt schürfen

Seite 3 – Einig, kreativ und erfolgreich
Reportage Von

Páramos werden in Lateinamerika die baumlosen Hochlandsteppen genannt, die für die nördlichen Anden Südamerikas typisch sind. Sie zählen zu den humiden Feuchtgebieten, mit Niederschlägen von bis zu 2 000 Milliliter im Jahr, und gelten als Wasserspeicher der Region. Dort entspringen viele Flüsse, die für die Versorgung der Bevölkerung extrem wichtig sind, in Kolumbien ebenso wie in Peru und Ecuador. Doch in allen drei Ländern gibt es Konzessionen für Förderprojekte in den sensiblen Ökosystemen – trotz des ­Widerstands der ansässigen Bevölkerung. Im Norden Perus wehrt sich die Bevölkerung in der Provinz Huancabamba, in Kolumbien hat es Groß­demonstrationen gegen die Förderung von Gold im Páramo Santurbán gegeben und in Girón geht die Bevölkerung seit 2002 für den Erhalt des Páramos von Quimsacocha auf die Straße.

Mit Demonstrationen, Straßenblockaden und juristischen Eingaben hat die Indigenen- und Bauernvereinigung FOA in Ecuador unermüdlich auf ihr in der Verfassung verbrieftes Recht auf ein Referendum hingewiesen und schließlich vor Gericht recht bekommen. Eine Schlüsselfigur dabei war der heu­tige Präfekt der Provinz Azuay, Yaku Pérez. Der Jurist mit dem Spezialgebiet indigenes Recht hat mehrere juristische Eingaben ausgearbeitet und plädiert für ein anderes, nachhaltiges Entwicklungsmodell. Diese klare Haltung habe ihm bei den Kommunalwahlen am 24. März das Amt des Präfekten ein­gebracht, meint Quesada. Parallel zur Kommunalwahl wurden in Girón die Wahlberechtigten gefragt, ob sie mit dem Bergbau im Páramo Quimsacocha einverstanden seien oder nicht. 86,87 Prozent stimmten mit Nein.
»Für uns ist das ein doppelter Erfolg, denn mit einem Präfekten, der für ein nachhaltiges Entwicklungskonzept in der Provinz Azuay eintritt, haben wir eine reelle Chance, den Bergbau in der Region zu ächten«, sagt Patiño. Wie sein Freund Quesada lebt er vom Verkauf der Milch seiner Kühe. Seit drei Jahren engagiert er sich in der FOA, sieben sind es bei Quesada, der das Transparent mit dem Aufdruck »Kimsacocha – Somos Agua« in die Kamera hält. »Wir sind Wasser« heißt das und demonstrativ kniet Quesada nieder, um einen Schluck aus einer Quelle zu nehmen, die nur ein paar Meter von ­einem der weißen Markierungspfähle entspringt. Danach benetzt er seine schwarzen kurzen Haare mit ein paar Tropfen.

Patiño und Quesada gehen zur nächsten Anhöhe, um sich einen Überblick über das kleine verlassene Camp zu verschaffen, in dem nur ein paar Baracken stehen und weit und breit kein schweres Gerät zu sehen ist. Zufrieden machen sich die beiden auf den Rückweg. Gegen Mittag müssen ihre Kühe gemolken werden, am Nachmittag wollen sie bei der Visite von Yaku Pérez in El Chorro dabei sein. Der im Mai vereidigte neue Präfekt von Azuay ist derzeit viel in der Provinz unterwegs, um über nachhaltige Entwicklungsprojekte in der Landwirtschaft und im Tourismus zu sprechen. El Chorro heißt der spek­takuläre Wasserfall, der nur ein paar Kilometer von Girón entfernt ins Tal donnert und für einen feinen Wassernebel über der Oberfläche des kleinen Sees sorgt – Regenbogen inklusive. Das Naturspektakel zählt zu den Ausflugszielen der Region und Fremdenführer führen Touristen und Einheimische zum Wasserfall und hinauf in die Berge der Umgebung. Dort gibt es ein Restaurant, auf dessen Speisekarte frische Forellen aus dem See stehen und in dem auch Workshops für Jugendliche aus der Region angeboten werden. Der Präfekt will das Nachbarschaftsprojekt, in dem 15 Menschen arbeiten, ­besuchen und mit ihnen über alternative Wirtschaftskonzepte und Öko­tourismus diskutieren.