Der Streit ums Waschen

Ist Duschen konterrevolutionär?

Seite 2 – Böse, böse Chemie

Womit wir zur Geruchsbelästigung kommen, die zu beklagen ebenfalls en vogue wurde, was insofern interessant ist, als darunter immer bloß dezent duftender Parfum- und Weichspülergeruch und was nicht alles fallen, aber nie Schweiß und Kotze und wonach Menschen sonst noch so stinken. Hat wohl damit zu tun, dass das eine »natürlich« ist und das andere böse Chemie, und von da aus ist es nur ein klitzekleiner Schritt zum Lamento über »die da oben« und finstere Mächte und anderem Unfug, den man in den in Bioläden angebotenen Nichthochglanzzeitschriften lesen kann, und je länger ich darüber nachdenke, desto weniger habe ich Lust, mich mit so etwas zu beschäftigen.

Parfüm richt besser als Schweiß und Kotze.

Ich weiß, dass in Weichspülern ganz abscheuliches Zeugs ist, und trotzdem benutze ich die Schmiere. Gut, dafür fliege ich selten, was daran liegt, dass ich Flugzeuge nicht leiden kann. Wer mit mir fliegt, kommt unweigerlich in den Genuss, bei jedem Luftloch von mir an der Hand gepackt zu werden und in sachlichem Tonfall gesagt zu bekommen: »Wenigstens sterben wir zusammen.« Wobei das letzte Flugerlebnis von Helsinki nach Berlin damit begann, dass ein älterer Mann nach Erreichen der Reisehöhe vehement ins Cockpit wollte, aber sich bloß vertan hatte und von der Stewardess umgedreht und Richtung Toilette geschoben wurde, und damit endete, dass unser finnischer Freund Paska am nächsten Morgen ganz aufgeregt bei Facebook blinkte und wissen wollte, ob wir nicht vielleicht aus Versehen nach Barcolona und von da nach Düsseldorf geflogen seien, Germanwings-Flug 9525 sei nämlich abgestürzt. Waren wir nicht.

Aber warum benutze ich Weichspüler? Vor einer ganzen Menge Jahren hatte uns einer der größeren Jungs im Kindergarten den Supertrick zur Ekel­simulation beigebracht. Dazu brauchte man nur einen nicht weichgespülten, idealerweise aber frisch gewaschenen und vor allem eigenen Strumpf aus reiner Baumwolle. Und eine gewisse Unerschrockenheit, denn als nächstes musste man den Mund aufmachen und mit dem Strumpf an den Zähnen entlangrubbeln. Nicht lang, und auch nicht fest, es reichte, ein-, zweimal entschlossen den Stoff mit den Zähnen in kreisenden Kontakt zu bringen. So ähnlich kann man übrigens auch feststellen, ob Perlen echt sind oder nicht, aber das ist eine andere Geschichte.

Das Baumwollgerubbel führte zu ­einer empirisch belegten soliden Gänsehaut, zwar nicht bei allen aus der Kindergartengruppe, aber bei sehr vielen, und auf diese Gänsehaut kam es an. Wenn wir, so hatte der Junge erklärt, in Zukunft irgendetwas tun oder essen sollten, das wir nicht wollten, genüge es, an das Gefühl von ungeweichspültem Baumwollstrumpf an Zähnen zu denken, zu erklären, dass wir uns immens ekelten und zum Beweis die Gänsehaut auf den Armen vorzuzeigen.

Ja, das funktioniert wirklich, und zwar noch besser als Kreide, die über eine Tafel quietscht. Und das bis heute. Danke, Weichspüler!