Todesfälle nach polizeilichen Taser-Einsätzen

Polizei unter Strom

Seite 2 – Niemand will Verantwortung übernehmen

Dreyer weist auf ein zentrales Problem hin: Die Polizei sei zwar gesetzlich zu einer Meldung verpflichtet, wenn durch polizeilichen Schusswaffengebrauch Menschen gestorben, verletzt worden oder Sachschäden entstanden sind. Da die Polizei Taser jedoch nicht als Schusswaffen einstufe, müsse eine Meldepflichtdurch die Bundesgesetzgebung geregelt werden.

Die hessischen Behörden schieben sich gegenseitig die Verantwortung dafür zu, warum der Todesfall in Fulda nicht gemeldet wurde. Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Osthessen hatte im Januar 2018 lediglich mitgeteilt, dass ein Mann in der Stadt nach einem Taser-Einsatz ins Krankenhaus gebracht worden sei. Dessen späteren Tod hatte sie nicht gemeldet. »Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Sobald durch unsere Beamten eine Waffe oder etwas Waffenähnliches – also hier der Taser – zum Einsatz kommt und zum Tod oder einer lebensbedrohlichen Verletzung eines Menschen führt, übernimmt automatisch das Landeskriminalamt (LKA) die Ermittlungen«, sagte ein Polizeisprecher kürzlich Ost­hessen-News. Ein LKA-Sprecher sagte dem regionalen Online-Magazin, die Meldung über den Tod sei bei seiner Behörde erst nach Wochen eingetroffen. »Zu diesem Zeitpunkt war das große öffentliche Interesse nicht mehr gegeben, weshalb wohl nicht weiter berichtet wurde.«

Allerdings war das öffentliche Interesse von Anfang an gering – was mit der sozialen Situation des Toten zu tun haben könnte. Die Bewohner der Edelzeller Siedlung in Fulda gelten als abgehängtes Prekariat. Nach dem Tod des Mannes schaltete offenbar niemand einen Anwalt oder die Presse ein, eine Obduktion unterblieb.

Sie wäre auch sinnvoll gewesen, um die Gefahren von Tasern besser dokumentieren zu können. Innenminister Beuth befürwortet deren Einsatz ausdrücklich. Seit 2005 verwenden Spezial­einheiten der Polizei bundesweit ­Taser, seit 2017 läuft in Hessen eine Test­phase im »polizeilichen Einzeldienst«, auch Streifenpoli­zisten führen seit­her solche Waffen mit.