Rassismus in Israel

Juden zweiter Klasse

Seite 2 – Misslungene Integration

In einer weiteren streng geheim gehaltenen Militäroperation namens »Salomon« wurden 1991 während des Bürgerkriegs innerhalb von 36 Stunden mehr als 14 000 Jüdinnen und Juden aus Äthiopien nach Israel ausgeflogen. Die meisten von ihnen kamen als überzeugte Zionistinnen und Zionisten. Schon 1950 berichtete Jacob Weinstein von der Jewish Agency der Gewerkschaftszeitung Davar aus Äthiopien, dass die alten jüdischen Gemeinden ein großes Interesse an der Entstehung des Staats Israel gezeigt hätten und Hunderte aus ihren Dörfern in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba gekommen seien, um nach Wegen zu suchen, Israel im Unabhängigkeitskrieg zu unterstützen.

Die Luftbrücken »Moses« und »Salomon« waren israelische Erfolgsgeschichten. Allerdings misslang die Integration der äthiopischen Jüdinnen und Juden, sie wurden und werden diskriminiert. Das Judentum der äthiopischen Einwanderer wurde vielfach in Frage gestellt und deren religiöse Führer ihrer Autorität beraubt. Shmuel Schnitzer, Redakteur und Mitbegründer der Zeitung Maariv, schrieb 1994 in einem Artikel mit dem Titel »Import von Tod« von »Tausenden von Glaubensabtrünnigen«, die »gefährliche Krankheiten« brächten. Im Januar 1996 wurde bekannt, dass Blutspenden von Israelis äthiopischer Herkunft heimlich weggekippt worden waren. Nachdem ein Wohnprojekt in Kiryat Malakhi 2012 Äthiopier dezidiert als Käufer ausgeschlossen hatte, kam es zu Unruhen, die in einen Protestmarsch auf Jerusalem mündeten. Ein daraufhin veröffentlichter Kommissionsbericht zeigte die Chancenungleichheit klar auf: Die Zahl der für Kampftruppen der israelischen Armee rekrutierten äthiopischen Juden lag über dem Durchschnitt doch auf dem Arbeitsmarkt verdienten sie nur halb so viel und waren doppelt so oft ohne feste Anstellung.

»Die Generation meiner Eltern hat schweigend gelitten. Meine Generation litt schweigend, bis wir nicht mehr schweigen konnten. Die jüngere Generation, die hier mit dieser ungerechten Realität aufgewachsen ist, wird nicht zum Schweigen gebracht«, sagte Michal Avera Samuel von Fidel.

Die Demonstrationen eskalierten nach Tekahs Beerdigung am 2. Juli, als einige Demonstrierende Fahrzeuge in Brand steckten und sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit Polizisten lieferten, die versuchten, ihre behelfsmäßigen Straßensperren zu durchbrechen. Dutzende Polizisten wurden verletzt und über 100 Demonstrierende festgenommen. Wegen der Blockade der Stadtautobahn in Tel Aviv steckten Tausende Autofahrerinnen und -fahrer mehr als fünf Stunden lang fest. Am folgenden Tag ebbten die Proteste ab. Tekahs Familie hatte darum gebeten, diese während der siebentägigen jüdischen Trauerzeit auszusetzen.