Anwalt Nathan Gelbart über die Anti-BDS-Resolution des Bundestags

»Antisemiten benötigen finanzielle Mittel«

Am 17. Mai hat der Bundestag die gemeinsam von Union, SPD, FDP und den Grünen eingebrachte Resolution »BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen« verabschiedet und Boykottaufrufe gegen Israel verurteilt. Der Berliner Rechtsanwalt Nathan Gelbart hat mit der "Jungle World" über die parlamentarische Verurteilung der Boykottbewegung gesprochen.

Im Vergleich zu anderen Ländern ist die BDS-Bewegung in Deutschland klein und weitgehend isoliert. Ist es sinnvoll, ihr mit einer Bundestagsresolution öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen?
Die Resolution ist angemessen und überfällig. Die BDS-Bewegung ist alles andere als eine Friedensbewegung. Sie fordert den kompletten Ausschluss Israels von Sport, Wirtschaft und Kultur, also von sieben Millionen Juden. Das ist die Hälfte aller Juden weltweit. Hier darf Deutschland nicht tatenlos zusehen, und der Bundestag hat das Richtige getan – endlich.

Manche Kommentatoren sehen in der Resolution einen Eingriff in die freie Vereinsbetätigung, etwa wenn BDS-Gruppen künftig Räume und finanzielle Unterstützung verweigert würden.
Auch Antisemiten benötigen finanzielle Mittel, um ihren Hass ausleben zu können. Es kann nicht angehen, dass Vereine wie »Café Palestine« oder die »Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden«, die BDS und damit Judenhass unterstützen, vom deutschen Steuerzahler finanziert werden, weil sie als gemeinnützig gelten. Diese Resolution kann dabei helfen, das Karussell der Finanzierung judenfeindlicher NGOs zu durchbrechen.

Hat die Bundestagsresolution auch weiter reichende Folgen für den Kampf gegen den Antisemitismus?
Bis vor kurzem ging es bei Antisemitismus vor Gericht nur um längst tote Nazis oder ihre glatzköpfigen Nachahmer in Springerstiefeln. Zu vermitteln, dass Judenhasser auch den Staat der Juden hassen und ihn gerne boykottieren, macht vor Gericht häufig viel Überzeugungsarbeit erforderlich. Aber nicht ohne Erfolg – diverse erfolgreiche Prozesse gegen Antisemiten im Kostüm der Israelkritiker und Antizionisten belegen das. Die Resolution dürfte es nachhaltig erleichtern, moderne Antisemiten als solche zu benennen. Ein Totalboykott und die Forderung nach der demographischen Zerstörung Israels etwa in Form des sogenannten Rückkehrrechts hat nichts mit Kritik oder Friedenspolitik zu tun.

Die Resolution verwendet die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). War deren Annahme durch die Bundesregierung im September 2017 ein Fortschritt?
Allerdings. Der besagten Definition zufolge richtet sich Antisemitismus »in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.« Die Annahme der IHRA-Definition war auch prozessual hilfreich, insbesondere, um sich als Israelkritiker gerierende Autoren etwa als für ihre »antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt« bezeichnen zu dürfen.