Interview mit Susanne Schröter

»Das Kopftuch sollte Thema der Linken sein«

Muslimische Studenten werfen der Islamforscherin Susanne Schröter Rassismus vor, weil sie Kopftuchkritikerinnen zu einer Konferenz eingeladen hat. Wir haben mit Susanne Schröter gesprochen.

An der Goethe-Universität Frankfurt soll am 8. Mai die Konferenz »Das islamische Kopftuch – Symbol der Wür­de oder der Unterdrückung?« stattfinden. Dagegen richtet sich eine Kampagne, die unter dem Slogan »Schröter raus« die Absage der Konferenz und die Ent­lassung der Organisatorin Susanne Schröter fordert, der Rassismus vorgeworfen wird. Die Ethnologin leitet das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam.

Kommt diese Kampagne völlig unvermittelt?
Ich habe vor zwei Wochen von einigen meiner Studenten gehört, Personen aus dem Umfeld der Islamischen Hochschulgruppe hätten versucht, etwas gegen mich zu unternehmen. Offenbar hatten diese Leute bei Studenten meines Fachs, der Ethnologie, vorgefühlt, ob diese sich an Protesten beteiligen würden. Allerdings erhielten sie eine Abfuhr. Das war der einzige konkrete Vorbote. Zudem gibt es auch in Frankfurt islamistische Studenten.

Die Betreiber der Kampagne schreiben in einem Flugblatt, sie wollten nicht »von Susanne Schröter und ihren geladenen Gästen diskriminiert werden«. Welche Rednerinnen und Redner haben Sie zu der Konferenz eingeladen?
Als Kritikerinnen des Islamismus habe ich Alice Schwar­zer und Necla Kelek eingeladen. Ich habe aber auch Khola Maryam Hübsch von der Ahmadiyya-Gemeinde und Dina El Omari eingeladen. Beide tragen aus Überzeugung das Kopftuch. Ich habe eine Lehre­rin eingeladen, die etwas über religiöses Mobbing an Schulen erzählen wird. Zudem soll Abdel-Hakim Ourghi sprechen, ein überzeugter Muslim mit liberaler Haltung. Das ist ein großes Spektrum an Meinungen. Aber es gibt Musliminnen an der Universität, die der Meinung sind, über das Kopftuch und den Islam dürfe nicht diskutiert werden.

Wie wahrscheinlich ist eine Verbindung der Kampagnenmacher zu islamischen Verbänden?
Es gibt Studenten, die Millî Görüş oder der Muslimbruderschaft angehören. Die Kampagne gegen mich springt zumindest auf die Kampagne verschiedener islamischer Verbände gegen »Islamophobie« auf. Auf der jüngsten großen Konferenz der Ditib in Köln, an der auch Muslimbrüder teilnahmen, wurde der Kampf gegen die »Islamophobie« ausgerufen. An diesem Punkt sind sich die Verbände einig, von Millî Görüş bis zu den Muslimbrüdern. Auch die Mullahs im Iran und der türkische Präsident scheinen eine große internationale Kampagne zu führen mit dem Ziel, Kritik am Islamismus zu unterbinden. Es geht darum, Leute einzuschüchtern und als Rassisten zu brandmarken. Manchmal funktioniert das – leider auch, weil manche Linke darauf hereinfallen.

Ein in der Linken häufig gebrauchtes Argu­ment ist, die Diskussion über das Kopftuch nütze Rechtsextremen. Sehen Sie diese Gefahr?
Selbstverständlich gibt es Rechtsextreme, die Muslimen feindlich gesinnt sind und auf solche Diskus­sionen aufspringen wollen.

Wie lässt sich das verhindern?
Durch eine klare politische Haltung. Ich bin Mitgründerin der Initiative »Säkularer Islam« und bin alles andere als islamfeindlich. Da gibt es keinen Punkt, an dem Rechtsextreme meine Arbeit instrumentalisieren könnten. Wer es dennoch versucht, erhält von mir die Rote Karte. Das Thema des Kopftuchs sollte ein Thema der Linken sein, weil sie historisch gesehen für Frauenrechte angetreten ist. Ich finde es bedrückend, dass einige annehmen, Muslime seien derart unterdrückt, dass sie der Patronage bedürften. Muslime sind Bürgerinnen und Bürger, mit denen man disku­tieren kann und soll. Das sehe ich auch als Wissenschaftlerin so: An der Universität müssen Argumente ausgetauscht werden, und das bessere Argument muss siegen – auch im Fall des Kopftuchs.