Die Kleinpartei »Der III. Weg« geht zurzeit in einigen ostdeutschen Regionen in die ­Offensive

Der Weg nach Osten

Die neonazistische Kleinpartei »Der III. Weg« befindet sich im Aufschwung. In Sachsen hat sich die Zahl der Mitglieder innerhalb von zwei Jahren verdoppelt. Der Zusammenschluss, der sich selbst als Kaderpartei des nationalen Lagers versteht, tritt in vielen Regionen immer offensiver auf.

Neonazis, die Kleidung, Spielzeug und Plätzchen verteilen und Obdachlose im Winter mit warmer Kleidung und warmen Schuhe versorgen? Was auf den ersten Blick ungewöhnlich aussieht, zählt schon seit einiger Zeit zur Strategie der Kleinpartei »Der III. Weg«. Sie wurde 2013 von ehemaligen NPD-Mitgliedern und Kadern des Kameradschaftsnetzwerks »Freies Netz Süd« gegründet. Dessen Verbot war damals bereits angekündigt, wurde aber erst 2014 vollzogen.

Die Partei versteht sich selbst als »arische Elite« und strebt nicht den Aufbau einer Massenorganisation an, sondern betrachtet sich als Kaderschmiede für die »nationale Revolution«. Ideologisch lehnt sich die Partei mit ihrem »Zehn-Punkte-Programm« kaum verhohlen an das »25-Punkte-Programm« der NSDAP an. Sie will die »biologische Substanz des Volkes« erhalten.

Das elitäre Konzept von »Der III. Weg« führt auch dazu, dass man andere extrem rechte Kräfte nicht unbedingt als gleichberechtigt wahrnimmt. Das Verhältnis zu anderen Gruppen des extrem rechten Lagers ist dementsprechend schwierig. Während man mit anderen Neonazigruppen durchaus zusammenarbeitet, wird beispielsweise die Identitäre Bewegung als neurechte Bewegung abgelehnt.

Das Aktionskonzept von »Der III. Weg« ist deutlich an das der neofaschistischen Organisation »Casa Pound« in Italien angelehnt. Diese entstand Anfang der nuller Jahre und machte schnell durch Hausbesetzungen und Wohnviertelarbeit, also eigentlich klassisch linke Aktionsformen, auf sich aufmerksam. Von der Kinderbetreuung und Hausaufgabenhilfe über Kampf­sport und sogar Behindertentransporte bietet »Casa Pound« alles an, um sich sozial zu etablieren und den »Kulturkampf von rechts« zu gewinnen. Große mediale Aufmerksamkeit erzielte auch die aggressiv auftretende Schüler- und Studentengruppe »Blocco Studentesco« und die Hilfsaktionen bei Naturkatastrophen, beispielsweise beim Erdbeben von L ’ Aquila 2009. Daran versucht »Der III. Weg« mit Aktionen wie der erwähnten Unterstützung für Obdachlose anzuknüpfen, die als »Deutsche Winterhilfe« sprachlich nicht zufällig an das »Winterhilfswerk des Deutschen Volkes« im Nationalsozialismus erinnert. Die Hilfen sollen selbstverständlich nur deutschen Obdachlosen zugute kommen.

Auch für Frauen setzt sich »Der III. Weg« vorgeblich ein. Unter dem Titel »Weggefährtin« gibt es einen expli­ziten »Frauenblog« mit Inhalten von »Frau zu Frau – aktivistisch und heimattreu«. Um feministische Inhalte geht es allerdings keineswegs. Frauen in Führungspositionen »stehen mit ihrem ursprünglichen Wesen in Konflikt«, ist dort zu lesen. Die Aufgabe der Frau sei es, »männlichem Handeln einen Rahmen zu geben«. Ins Auge fällt, dass zum Frauenwahlrecht, das die Partei bejaht, in den Quellen eine bekannte feministische und kommunistische Politikerin wie Clara Zetkin lediglich »Abgeordnete des Weimarer Parlaments« genannt wird, explizit ohne Nennung der Partei. Auffällig sind ebenfalls viele Audio-Dateien, die man auf der Website anhören kann, darunter vorgelesene politische Texte und Kommentare, aber auch altdeutsches sowie neoheidnisches Liedgut, eingesungen von einem Frauenchor.

»Der III. Weg«, dessen Schwerpunkt aufgrund der engen Verflechtungen mit dem »Freien Netz Süd« ursprünglich in Bayern lag, expandiert derzeit vor allem in Ostdeutschland. Die propagierte aggressive, kämpferische und elitäre Haltung wirkt im extrem rechten Milieu attraktiv und ist sowohl für Mitglieder von Kameradschaften, Kader anderer rechtsextremer Parteien als auch die Hooligan-Szene anschlussfähig. Die NPD wurde durch den Aufstieg der AfD in mehrfacher Hinsicht geschwächt, vor allem der Verlust ihrer Parlamentsmandate wiegt schwer. Da die AfD es im Gegensatz zur NPD geschafft hat, eine rechte Sammlungsbewegung zu werden und politische Kräfte rechts der CDU zu bündeln, fällt diese Strategie für andere Organisationen aus. Daher wirkt »Der III. Weg«, der von Anfang an jegliche Zusammenarbeit mit bürgerlichen und konservativen Kräften abgelehnt hat und eine Alles-oder-nichts-Strategie verfolgt, besonders anziehend auf NPD-Mitglieder – insbesondere auf jene, die von Anfang an in Opposition zu der vom eins­tigen Vorsitzenden Holger Apfel zeitweise propagierten »seriösen Radikalität« standen.

Das elitäre Konzept von »Der III. Weg« führt auch dazu, dass man andere extrem rechte Kräfte nicht unbedingt als gleichberechtigt wahrnimmt. Das Verhältnis zu anderen Gruppen des extrem rechten Lagers ist dementsprechend schwierig. Während man mit anderen Neonazigruppen durchaus zusammenarbeitet, wird beispielsweise die Identitäre Bewegung als neurechte Bewegung abgelehnt. Die AfD gilt, vor allem seit einige AfD-Mitglieder vor einem knappen Jahr an der Aktion »Berlin trägt Kippa« teilgenommen haben, bei »Der III. Weg« endgültig als »Systempartei«. Auch die Bewunderung mancher Anhänger der Neuen Rechten
für Israel ist der Partei nicht nur ein Dorn im Auge, sondern gilt ihr als ­unvereinbar »mit dem Kampf um Deutschland«.

Besonders heftige Kritik übt »Der III. Weg« am als »Kapitalisierung« bezeichneten kommerziellen Charakter vieler rechter Events, der als »Aufweichen der Grundsätze« betrachtet wird. Das wird beispielsweise an der Ablehnung von Patrick Schröder deutlich. Der NPD-Funktionär, der als Youtuber und Veranstalter von Rechtsrockkonzerten aktiv ist, gilt Mitgliedern von »Der III. Weg« und dem Nazi-Rapper »MakSS Damage« – der sich nach eigener Aussage der Kleinpartei »am ehesten zugehörig« fühlt – als Sinnbild der Verwässerung des »nationalen Widerstands« und der Kommerzialisierung der rechtsextremen Szene.

Aber auch zu anderen offen nationalsozialistisch agierenden Parteien und Gruppen ist das Verhältnis schwierig. Während die ebenfalls neonazistische Kleinpartei »Die Rechte« am 1. Mai 2019 voraussichtlich in Duisburg demonstriert, will »Der III. Weg« am selben Tag eine eigene Demonstration in Plauen veranstalten, um sich selbst als Stimme der »deutschen Arbeiter« darzustellen. Plauen als Demonstrationsort hat bereits Tradition für »Der III.Weg«. Hier fand beispielsweise am 29. Oktober 2018, zum 80. Jahrestag der Abschiebung polnischer Juden nach Polen, eine Demonstration gegen die »volksfeindliche Politik« statt.

In den Blickpunkt des öffentlichen Interesses ist »Der III. Weg« auch durch Kerstin Köditz (Linkspartei) geraten. Die sächsische Landtagsabgeordnete hatte eine Anfrage über die Aktivitäten der Partei gestellt. Ihr zufolge hat sich diese Partei »zu einem aktivistischen Vorturner für die rechte Szene« entwickelt. Wie aus der Antwort des sächsischen Innenministeriums von Ende Januar hervorgeht, hat die Partei in dem Bundesland ihre Mitgliederzahl innerhalb der vergangenen zwei Jahren auf 125 verdoppelt.

Auch im benachbarten Thüringen expandiert »Der III. Weg«. Wie das Fachblatt Blick nach rechts Anfang März berichtete, wechselten 2018 zwei führende Regionalfunktionäre der Konkurrenzpartei »Die Rechte« zu »Der III. Weg«. Seitdem habe die Zahl der Aktionen von »Der III. Weg« in der Landeshauptstadt Erfurt deutlich zugenommen, so der Blick nach rechts. Einer der beiden Nazifunktionäre, Enrico Biczysko, habe getönt, nun habe er endlich eine Partei gefunden, die »unsere Weltanschauung nicht nur predigt, sondern auch lebt«.