Stümper, Quertreiber und Horrorclowns – die schwarzbraune Tendenz in der Union

Die vergammelte Partei

Die Kandidaten für den Vorsitz der CDU gleichen einem Gruselkabinett aus dem letzten Jahrtausend.
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Wer gerne Obst isst, kennt das Problem: Hat auch nur ein einziger Apfel eine schlechte Stelle, ist schnell der ganze Korb braun, wenn man das verdorbene Exemplar nicht rechtzeitig entfernt. In der Politik verhält es sich ähnlich.

Die CDU etwa hätte in den vergangenen Jahren noch die Möglichkeit gehabt, die Braunfäule in der eigenen Partei zu beseitigen. Der Austritt Erika Steinbachs Anfang vorigen Jahres zum Beispiel wäre ein guter Anlass gewesen, auch ihren Geistesverwandten in den eigenen Reihen nahezulegen, dass sie in einer Partei vielleicht nicht ganz richtig aufgehoben sind, die es unter Angela Merkel gerade geschafft hatte, sich für eine Wählerklientel zu öffnen, die es nicht so mit dem Mief der fünfziger Jahre (samt einigen noch ­etwas älteren Duftnoten) hat. Insbesondere die Fraktionspartnerin CSU hat in der laufenden Legislaturperiode auch jenseits aller ­Bemühungen, sich als einzig wahre AfD zu präsentieren, eigentlich genug Gründe geliefert, sie in politische Quarantäne zu stecken, will sagen, sie von jeglicher Regierungsverantwortung fernzuhalten.

Offenbar reichen aber weder geballte Stümperei – besonders überzeugend verkörpert durch den ehemaligen Verkehrs- und sogenannten Digitalminister Alexander Dobrindt – noch die permanente Quertreiberei eines Horst Seehofer aus, um endlich mal die Scheidungspapiere einzureichen. Dass sich die CDU stattdessen weiter von der bayerischen Regionalpartei am Nasenring durch die Manege führen lässt, macht deutlich, dass vielen der von der Schwesterpartei vorgegebene Kurs ganz recht ist.

Der vom »Merkel muss weg«-Flügel der Partei initiierte Putsch auf Raten gegen die Nochvorsitzende passt sich da logisch ein. Die postfaschistische Kontinuität in der CDU war schließlich nie verschwunden, wurde aber von der unaufgeregt-pragmatischen Politik der Kanzlerin in den Hintergrund gedrängt. Und egal, wer nach dem 8. Dezember den Parteivorsitz übernimmt, der schwarzbraune Flügel wird wohl nichts dagegen haben.

Dessen Wunschkandidat dürfte indes sicherlich der Horrorclown der deutschen Politik sein: Jens Spahn, der sich bekanntlich lieber als Bekleidungsexperte für Musliminnen und Muslime und mit Forderungen nach Bußgeldern für Fortpflanzungsunwillige denn als Gesundheitsminister hervortut. Friedrich Merz wiederum hat mit seiner Infragestellung des Asylrechts gleich mal der AfD ein Umfrageplus von zwei Prozentpunkten beschert. Auch die irreführend als »Merkel light« gehandelte Annegret Kramp-Karrenbauer hat ein Weltbild zu bieten, das bei allen gut ankommen dürfte, die mit Volldampf voraus in die Vergangenheit wollen: Die Ehe für Schwule und Lesben verglich sie schon mal mit der Heirat unter Verwandten, und bei ihrer Bewerbungsrede auf der CDU-Regional­konferenz in Düsseldorf fragte sie in den Saal: »Wollen wir es wirklich zulassen, dass sich Menschen in der Welt an die Stelle von Gott setzen?« (Kurzer Blick in den Kalender: Ja, da steht tatsächlich 2018, nicht 1820.)

Immerhin aber widerlegen die treibenden Kräfte der Rechtsentwicklung in der Union den Vorwurf, Politikern gehe es nur um ihre Karriere statt um Inhalte. Sonst gäbe es nämlich keine Erklärung dafür, dass Vertreter von CDU und CSU so begeistert Werbung für die rechtsextreme Konkurrenz betreiben, obwohl nicht erst seit der Wahl in Bayern klar ist, dass die Leute dann doch eher das Original bevorzugen (oder aber dermaßen angewidert sind, dass sie bis zum Äußersten gehen und die Grünen wählen). Offenbar planen sie schon für eine Zukunft als Juniorpartner und Erfüllungsgehilfen der AfD.