Martina Renner über die Umsturzpläne des rechten Netzwerks in der Bundeswehr

»Die Pläne waren sehr konkret«

Seite 5
Interview Von

Der Verfassungsschutz war gegenüber den NSU-Untersuchungs­auschüssen nicht besonders kooperativ. Wie läuft das bei der Bundeswehr?
Ich gehöre zwar nicht dem Verteidigungsausschuss an, die parlamentarische Aufklärung läuft hauptsächlich dort und nicht im Innenausschuss, wo ich Mitglied bin. Aber was ich von meinen Kollegen dort höre, ist, dass die Bundeswehr das grundsätzliche Problem nicht im Blick hat, sondern versucht, es zu Einzelfällen herunterzureden. Etwa im Fall Franco A. und Maximilian T. Das seien labile Personen gewesen. Diese Verbindungen, die jetzt von der Presse aufgedeckt wurden, zwischen den Gruppierungen um Franco A., Nordkreuz und KSK – das hat man bei der Bundeswehr gar nicht gesehen, oder man hat es verschwiegen.

Das war also bereits Thema im Verteidigungsausschuss?
Franco A. war dort Thema. Das Thema Traditionerlass, also die Frage der ­Benennung von Kasernen nach Wehrmachtsangehörigen, und wie viele ­Devotionalien etwa in Form einer Hitler-Büste man dort gefunden hat, das war dort natürlich Thema. Aber diese Fälle werden immer zu individuellen Verfehlungen erklärt. Das seien Militariafreaks und Spinner. Dass da vielleicht ein strategisches Moment dahintersteht, dass sich dort eine rechtsterroristische Struktur innerhalb der Bundeswehr etabliert, wurde ausgeblendet.

»Wenn wir die Konsequenzen aus den jetzt vorliegenden Erkenntnissen zu Nordkreuz, Franco A. und Uniter ziehen, dann müssen wir in erster Linie über den MAD reden. Das wäre der Fokus für die parlamentarische Auseinandersetzung.«

Sie sprachen über Rassismus in der Bundeswehr. Wie ernst ist das Problem?
Zum einen ist die Bundeswehr ein Spiegel der Gesamtgesellschaft – oder ­genauer ein Zerrspiegel, weil es dort nämlich ein Verstärkungsmoment ­bestimmer autoritärer Tendenzen gibt. In diesen abgeschotteten Kreisen von Bundeswehr und Polizei, insbesondere innerhalb der noch abgeschotteteren Spezialeinheiten, verfangen die Debatten über eine angebliche Überfremdung, verfängt diese rechte Verschwörungstheorie von der »Umvolkung« unter dem Eindruck der Flüchtlingsaufnahme 2015 ganz besonders. Sowohl Polizei als auch Armee funktionieren über Feindbestimmung, über den ­äußeren oder inneren Feind, über Bedrohungsszenarien. Unterhalb der Schwelle des offenen Rassismus gibt es daher auch eine kulturelle Nähe, etwa wenn Traditionen der Wehrmacht gepflegt werden. Das betrifft den Sprachgebrauch und das, was alles von Vorgesetzten nicht sanktioniert wird. Es gab den Fall eines Polizeianwärters aus Sachsen. Er berichtete, bei Schießübungen sei gesagt worden, man müsse angesichts der vielen Flüchtlinge ganz besonders vorbereitet sein, auf der Straße die Waffe zu ziehen. Der Polizeischüler hat dann angewidert den Dienst quittiert. Solche Sachen sind in der Polizeiausbildung offenbar ganz selbstverständlich.