Martina Renner über die Umsturzpläne des rechten Netzwerks in der Bundeswehr

»Die Pläne waren sehr konkret«

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Interview Von

Wie detailliert waren diese Pläne?
Die Pläne waren offenbar sehr konkret. Es gab für den Tag X regelrecht Anweisungen. Man stellte sich eine Art nationalen Katastrophenfall vor. Die Mitglieder dieses Netzwerks sollten an diesem Tag ihre Uniformen anziehen, weil sie damit potentiell schon bestehende Absperrungen passiert können, um dann in Uniform die Zielpersonen auf den Listen zu Hause abzuholen. Den abzuholenden Personen wird zunächst gesagt, sie würden wegen des Notfalls in Sicherheit gebracht. Sie werden in LKWs eingeladen, an einen bestimmten Ort gefahren – und dort erschossen. Das war wohl der Plan. Ein Polizeibeamter, der Teil der Nordkreuzgruppe gewesen sein soll und inzwischen nicht mehr im Dienst ist, hat ausgesagt, dass er über seinen Zugang beim Landeskriminalamt (LKA) auf Melderegister zugegriffen hat, um konkrete Ziele auszuspähen. Das ließ sich auch anhand der Login-Daten des Computers nachvollziehen.

Rechte in der Bundeswehr sind doch nichts Neues. Waren nicht die späteren NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos schon dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) aufgefallen?
Wir reden hier von einem anderen Ausmaß. Es geht nicht um irgendwelche Wehrdienstleistenden oder Rekruten, sondern um Berufs- und Elitesoldaten, aber auch Angehörige von besonderen Einsatzzügen der Bereitschaftspolizei und um Beamte der Landeskriminalämter. Diese Leute verfügen über Wissen, wie man sich auf den paramilitärischen Kampf vorbereitet. Sie können professionell mit Waffen, auch Schnellfeuerwaffen, umgehen. Um darauf zu reagieren, müssten die Offiziellen mit rechten Strukturen in Sicherheitsbehörden und Armee beschäftigen. Es ist in der Vergangenheit zu wenig gelungen, entsprechende Vernetzungen zu erkennen und zu unterbinden.

Weil diese Institutionen autoritäre Persönlichkeiten anziehen?
Es gibt zum Beispiel in der Polizei immer eine konkrete Feindbestimmung. Gegenwärtig verschärft die sich noch unter den neuen Polizeigesetzen, die auf eine Bürgerkriegssituation im eigenen Land vorbereiten sollen. Man muss sich fragen, ob das der Nährboden ist, auf dem solche rechtsterroristischen Strukturen in den Sicherheitsbehörden entstehen und wachsen. Dazu kommt natürlich die langjährige Erkenn
tnis, dass in diesen Institutionen Rassismus, Sexismus und Militarismus kein Hindernis, sondern oft sogar unterschwellig einstellungsförderlich sind. Man begibt sich in männerbündische Strukturen mit ausgeprägtem Korpsgeist. Dort gehören autoritäre und rechte Ansichten zum guten Ton. Allen Lippenbekenntnissen zur Demokratisierung zum Trotz hat sich daran nie grundlegend etwas geändert.