Small Talk mit Florian Drüke von der »Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit« über Klimawandel und Gesundheit

»Der Hitzesommer hat zu Todesfällen geführt«

»Klimawandel macht krank« – das sagt die »Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit«. Die Organisation will deshalb vom 8. bis zum 11. November eine Mahnwache vor der Universitätsklinik Charité in Berlin abhalten. Die Jungle World hat mit Florian Drüke ­gesprochen.
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Gesundheitspolitik und Klimawandel – für viele Menschen dürften das unterschiedliche Themen sein. Wo sieht Ihre Allianz die Verbindung?
Wir sind der Ansicht, dass der Klimawandel die größte gesundheitspolitische Herausforderung im 21. Jahrhundert sein wird. Zurzeit leiden hauptsächlich Menschen in Ländern des globalen Südens gesundheitlich unter den Folgen des Klimawandels; das Problem wird aber auch auf Deutschland zukommen. Die Folgen sind vielfältig: Der diesjährige Hitzesommer hat bereits zu Todesfällen geführt. Auch psychische Erkrankungen sind zu berücksichtigen, ebenso wie Infektionserkrankungen. Derzeit ist zu beobachten, dass sich Malaria in südeuropäischen Ländern ausbreitet, weil die Anopheles-Mücke mittlerweile dort nisten kann. Die Praktiken, die überhaupt erst zum Klimawandel führen, beispielsweise die Nutzung ­fossiler Brennstoffe wie bei der Kohleverbrennung, rufen selbst Lungenerkrankungen hervor, beispielsweise durch Feinstaub. An der Gesundheitsfrage wird der Klimawandel sehr greifbar. Zugleich bringen Anpassungs- und Verringerungsstrategien wie die Nutzung erneuerbarer Energien und des Fahrrads gesundheitliche Vorteile für den Menschen.

Wie ist der Stand der wissenschaftlichen Forschung zur Verbindung von Gesundheit und Klima­wandel?
Die Studienlage ist sehr umfangreich und eindeutig.

Wird diese Studienlage ausreichend politisch ­berücksichtigt?
Längst nicht genügend. Das ist der Punkt, an dem wir angreifen wollen, weil wir sehen, dass der Blick auf die gesundheitlichen Fragen fehlt. Politiker haben das nicht so auf dem Schirm, wie es sein könnte und müsste.

Es gibt auch viele Menschen, die die Diskussion über den Klimawandel für übertrieben halten oder sogar abstreiten, dass es ihn überhaupt gibt. Ist das auch bei Ärzten zu beobachten?
Ich kann die Frage sicher nicht repräsentativ beantworten. Aber der medizinische Bereich ist wissenschaftsorientiert und in der Wissenschaft besteht ein großer Konsens darüber, dass der Klimawandel ­menschengemacht ist und weiterhin große Probleme verursachen wird. Es ist selbstverständlich dennoch nicht auszuschließen, dass es auch einige Ärzte gibt, die den Klimawandel abstreiten.

Wer ist an der »Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit« beteiligt?
Die Gründung geht auf ein Treffen von Ärzten im ­November 2017 zurück. Einer davon war Christian Witt von der Charité in Berlin. Er ist Pneumologe und beschäftigt sich hauptsächlich mit Lungenerkrankungen und -transplantationen. Ihm fiel auf, dass einige seiner Patienten in ungewöhnlichen Hitzephasen gegen die medizinischen Erwartungen ­frühzeitig verstorben waren. Er hat dann einige epidemiologische Studien durchgeführt, anhand derer zu erkennen ist, dass ein Zusammenhang besteht. Es gibt auch einige Organisationen, die schon länger zu dem Thema arbeiten, zum Beispiel die Health and Environment Alliance (Heal), eine Dachorganisation mit Sitz in Brüssel. Einige ihrer deutschen Vertreter haben an dem Treffen im November teilgenommen, ebenso wie einige Mitglieder des Bundesverbands der Medizinstudierenden. Aus diesem ersten Austauschtreffen ist unsere Initiative entstanden.