In Irland hat die Mehrheit für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts gestimmt

Freie Kinderwahl

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In Irland sind ausländische Einflussnahme und Spenden bei politischen Entscheidungen verboten, das gilt allerdings nicht für soziale Medien. Doch zwei Wochen vor dem Referendum entschieden sich Google und Facebook dafür, keine Wahlwerbung per Anzeige mehr zuzulassen. Fake News blieben von da an auf den analogen Bereich beschränkt. So fuhren etwa LKW mit Anti-Abtreibungs-Bannern durch das Land, die einen vermeintlichen Krankenpfleger zeigten, der behauptete, er werde nie vergessen, was er bei Abtreibungen gesehen habe. Wie sich herausstellte, war der Mann gar kein Krankenpfleger, sondern Pförtner, aber ganz Irland hatte die Kampagne gesehen. Wie ist trotz allem diese überwältigende Zustimmung zustande gekommen?

Die Abtreibungsgegner appellierten an starre Moralvorstellungen und forderten, die Brutalität von Abtreibungen anzuerkennen. Die Gegenseite klärte darüber auf, welche Gefahren die Kriminalisierung und Stigmatisierung der abbruchwilligen Frauen bergen. Das wird nun nicht länger verdrängt. »Wir wissen sehr gut, was Abtreibungen sind«, fasst Maebh Murphy zusammen. »Wir wollen selbst entscheiden.« Die Trennung zwischen den Lagern verlief bei der Abstimmung nicht zwischen Jungen und Alten, auch nicht zwischen Städtern und Landbevölkerung. Aus allen Gruppen gab es Zustimmung für die Abschaffung des Paragraphen, auch wenn es in Dublin mehr Ja-Stimmen waren als in ländlichen Bezirken. Die einzige Ausnahme ist Donegal, wo ganz knapp gegen die Abschaffung gestimmt wurde.

Die Kampagne für das Referendum stützte sich auf Crowdfunding und wurde unter anderem von Eltern und Großeltern, Transgruppen und migrantischen Gruppen getragen – und auch von der Arbeiterklasse. »Es ist doch klar, man macht das nicht für die Leute, die Geld haben, sondern für die, die sich das nicht leisten können, die erstmal ein Visum und Kinderbetreuung organisieren müssen, das ist so eine Klassengeschichte«, so Murphy.

So bewegend der Erfolg ist, so wichtig ist es, die Bewegung nicht einschlafen zu lassen. »Euer Kampf ist unser Kampf«, schreibt die Pro-Choice-Aktivistin Sinéad Redmond mit Blick nach Nordirland. Dort wurde nämlich die britische Liberalisierung des Abtreibungsrechts 1968 nicht angenommen. Jetzt ist die Zeit gekommen, sich darum zu kümmern.