Mit Getöse gegen den Islam versucht die CSU, die AfD zu bekämpfen

Mia san net Islam

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Aufmerksamkeit hat auch Seehofers Begründung für seine Aussage zum ­Islam verdient: »Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten.« Dobrindt ergänzte an anderer Stelle: »Die CSU ist nicht bereit, die kulturelle Identität Deutschlands aufzugeben«, es gehe darum, »kulturelle Wurzeln« zu erhalten. So bringt die Diskussion zumindest einen kleinen Erkenntnisgewinn: Äußerten Konservative nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hierzulande bisweilen noch Appelle zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie, blitzte also ­zumindest auf begrifflicher Ebene gelegentlich noch bürgerliche Restvernunft auf, so ist dieses politische Personal mittlerweile vollends bei »Identität« und »Kultur« angekommen – also beim Wortschatz der gegen jede indi­viduelle und gesellschaftliche Emanzipation gerichteten Gemeinschafts­raserei, den das islamische Personal seinerseits verwendet, um die eigene ­Gefolgschaft bei der Stange zu halten. So lobte Recep Tayyip Erdoğan, damals noch im Amt des türkischen Ministerpräsidenten, 2010 in Köln in einer Rede vor 16 000 Anhängern die türkischen Einwanderer in Deutschland aus ganz bestimmten Gründen: »Sie haben hier einerseits gearbeitet, andererseits aber haben Sie sich bemüht, Ihre Identität, Ihre Kultur, Ihre Traditionen zu bewahren.« Verwestlichte ­Abtrünnige, die sich statt um Islam und Türkentum um ihr eigenes Wohler­gehen kümmern, warnte er hingegen: »Assimilation ist ein Verbrechen ­gegen die Menschlichkeit.«

 

Dass auch ein deutscher Identitäts- und Kulturschützer als Fürsprecher eines islamischen Regimes tätig werden kann, hat beispielsweise Manfred Weber bewiesen, der stellvertretende Parteivorsitzende der CSU und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament.

 

Dass auch ein deutscher Identitäts- und Kulturschützer als Fürsprecher eines islamischen Regimes tätig werden kann, hat beispielsweise Manfred Weber bewiesen, der stellvertretende Parteivorsitzende der CSU und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament. »Als eine Religion, die historisch-kulturell Identität stiftet, gehört der Islam ebenso wenig zu Europa, wie er zu Deutschland gehört. Für die Grundlagen und die Identität dieses Kontinents leistet der Islam kaum einen Beitrag«, sagte er in der vergangenen Woche – ohne näher zu erläutern, welchem Kontinent ein mehrheitlich muslimisches Land wie Albanien in Zukunft zugerechnet werden soll.

Weniger unerbittlich hatte Weber sich im Oktober über den Iran geäußert. Angesichts der Drohung des US-Präsidenten Donald Trump, das Atomabkommen mit der Islamischen Republik aufzukündigen, hatte er sich im Deutschlandfunk dafür ausgesprochen, weiterhin »diplomatische Wege zu ­gehen, dann auch den Konsens zu suchen« mit dem Regime. Den iranischen Präsidenten Hassan Rohani hatte er überaus wohlwollend erwähnt: »Er hat sich sehr, sehr abgewogen geäußert, hat sich einen Schritt auch auf die Partner, vor allem auf die Europäer zubewegt.« Deshalb war Weber zu dem Schluss gekommen: »Wir glauben auch, dass der Iran sich bisher an diese Vereinbarungen hält.«

Webers Parteinahme dürfte auch praktischen Erwägungen geschuldet sein. Wie in der Vergangenheit wollen bayerische Unternehmen auch in ­Zukunft ohne Rücksicht auf lästige Sank­tionsbestimmungen Geschäfte mit dem Iran machen. Und der bay­erische ­»Mittelstand« ist der CSU mindestens so wichtig wie »Identität« und ­»Kultur«.