Donald Trumps Strafzölle kommen im Rostgürtel der USA gut an

China heißt das Ziel

Angeblich um die nationale Sicherheit zu schützen, erhebt US-Präsident Donald Trump Strafzölle – ohne das Einverständnis des Kongresses. Die Maßnahme trifft vor allem China und Südkorea.

»Handelskriege sind gut und leicht zu gewinnen«, verkündete US-Präsident Donald Trump am 1. März. Wirtschaftswissenschaftler sind da überwiegend anderer Meinung, und auch die Börse scheint Trumps Optimismus nicht zu teilen. Am 22. März stürzte der Dow-Jones-Aktienindex um 600 Punkte und gab binnen weniger Stunden um 2,5 Prozent nach. Der Auslöser war eine ­Ankündigung des Präsidenten, Investitionen aus China einzuschränken und für chinesische Importgüter Strafzölle zu verhängen. »Das wird uns zu einer viel stärkeren, viel reicheren Nation machen«, sagte Trump.

Das ist zweifelhaft. Aktien renommierter Konzerne wie etwa die des Baugeräteherstellers Caterpillar oder des Flugzeugunternehmens Boeing verloren bis zu vier Prozent an Wert, während Big Data weitgehend verschont blieb. Facebook, Amazon und die Google-Dachgesellschaft Alphabet sind nicht betroffen, schließlich stellen sie nichts her. Anders sieht es in der nichtvirtuellen Wirtschaft aus: Bereits Anfang März verordnete Trump einen 25prozentigen Zoll auf importierten Stahl und einen zehnprozentigen auf Aluminium. Das stößt auf heftige Kritik in der US-amerikanischen Industrie und sogar in den Reihen der Republikaner in Kongress und Senat. Der konservative Senator Ben Sasse aus Nebraska warnte in einer öffentlichen Stellungnahme vor einem Handelskrieg und sprach von einer »Niederlage für beide Seiten«. Gegen Einfuhrzölle für Metalle sprach sich auch die US-amerikanische Petroleumindustrie aus und prophezeite, dass Pipelineprojekte in Zukunft Milliarden Dollar mehr kosten könnten.

 

Mit seinen Importzöllen greift Trump eines der Kernthemen des Demokraten Bernie Sanders auf. Von Gewerkschaften und der protektionistischen Linken, vor allem im »Rust Belt«, erhielt Trumps Entscheidung daher auch Zustimmung.

 

Angeblich sorgt sich Trump um das Handelsdefizit zwischen den USA und China, das nach Angaben des US Census Bureau voriges Jahr über 375 Milliarden US-Dollar betrug. »Die Anhebung von Zöllen zur Verringerung des Handelsdefizits könnte jedoch fehlschlagen«, warnt Michael Pettis, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Peking. In einem Interview mit der ­Washington Post erklärte Pettis, dass Importzölle die Wirtschaft eines der beiden Handelspartner schwächen würden und der beidseitige Kapitalfluss ins Stocken käme – was dann auch für die US-amerikanische Wirtschaft ein Problem sei. Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn ist am 8. März aus Protest gegen die Importzölle ­zurückgetreten.

Übrig bleiben im Weißen Haus nun noch Trumps Claqueure. »Der Präsident musste eingreifen, weil Stahl- und Aluminiumimporte die heimische ­Industrie so weit untergraben, dass die nationale Sicherheit bedroht ist«, schrieb der US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross in einer Kolumne für das Wall Street Journal. Die US-Regierung beruft sich auf Abschnitt 232 des Handelsausweitungsgesetztes aus dem Jahr 1962, das es dem Präsidenten erlaubt, auch ohne Zustimmung des ­Kongresses Strafzölle zu erheben – falls nachweislich die »nationale Sicherheit« in Gefahr ist. So folgt die Regierung zwar dem Gesetzestext, aber die Begründung ist fadenscheinig. Die USA haben eine niedrige Arbeitslosenquote, es gibt solide Exporte im Hightech-­Bereich und zahlreiche Investitionen aus dem Ausland. Gut möglich also, dass die World Trade Organization (WTO) Einspruch erhebt oder dass andere Länder ihre eigenen Vorwände erfinden werden, um sich zu revanchieren. So hat das chinesische Handelsministerium bereits angekündigt, die Interessen des Landes zu verteidigen. Trump scheint nicht daran gedacht zu haben, dass er ohne Chinas Hilfe im Konflikt mit Nordkorea kaum weiterkommen wird.

Wie so oft also hat Präsident Trump erst gepoltert und musste dann zurückrudern. Nach einigen Wochen des eifrigen Lobbyismus von Seiten Kanadas, der EU und anderer Staaten erklärte der US-Handelsrepräsentant Robert Lighthizer, dass die Europäische Union, Kanada, Mexiko, Argentinien, Brasilien und Australien von den Strafzöllen ausgenommen sind – also außer China faktisch alle wesentlichen Lieferanten. Beklatscht wurde Trumps Ankündigung in erster Linie im so genannten »Rust Belt«, den traditionellen Industriegegenden der Vereinigten Staaten, vor ­allem im Bundesstaat Pennsylvania. Die dortige Wirtschaft lebt zum Teil noch von Minen und Eisenhütten, gut möglich also, dass die Ankündigung der Strafzölle in erster Linie als taktischer Schritt mit Blick auf die Kongresswahlen im November 2018 und vielleicht sogar die nächste Präsidentschaftswahl zu verstehen ist.

Mit seinen Importzöllen greift Trump eines der Kernthemen des Demokraten Bernie Sanders auf. Von Gewerkschaften und der protektionistischen Linken, vor allem im »Rust Belt«, erhielt Trumps Entscheidung daher auch Zustimmung. Teile der US-amerikanischen Gesellschaft sehen sich von Importen bedroht, und die Trump-Regierung weiß diese Ängste für sich zu ­instrumentalisieren. Von den Zöllen betroffen ist vor allem Südkorea, ein strategischer Verbündeter der USA und die Heimat der Elektronikkonzerne Samsung und LG. Zu den Profiteuren der Zölle zählt nun deren Konkurrent Whirlpool aus Ohio. Der Konzern beschäftigt in seiner Fabrik 3 000 An­gestellte. Jeff Fettig, der Aufsichtsratsvorsitzende von Whirlpool, ist begeistert: »Dies ist ein großartiger Tag für amerikanische Arbeiter in Ohio und anderswo. Die Ankündigung ist ein starkes Signal, dass die US-Regierung hart gegen Unternehmen vorgehen wird, die gegen unsere Handelsregeln verstoßen.«

Doch auch in den USA sind nicht alle so begeistert. Es stellen sich auch ­Republikaner in Repräsentantenhaus und Senat gegen den Präsidenten. ­Seine bisherigen Fehltritte, seine Misogynie und sein Rassismus waren für sie offenbar akzeptabel, doch nun verstößt er gegen ein republikanisches Grunddogma, den freien Handels- und Kapitalverkehr. »Ich denke, es wäre klüger, wenn man zielgerichteter vorgehen würde«, sagte der Sprecher des Repräsentantenhauses Paul Ryan am 6. März zu den Importzöllen auf Stahl und Aluminium.