In Münster verhinderte ein Bündnis die Einrichtung eines Abschiebezentrums

Abschiebung nur dezentral

In Münster verhinderte ein zivilgesellschaftliches Bündnis Ende Januar die Einrichtung eines Abschiebezentrums. Der zuständige FDP-Landesminister ist empört.

Im Oktober fädelte die nordrhein-westfälische Landesregierung mit der Stadt Münster einen Deal ein: Anstelle einer Erstaufnahmeeinrichtungen für bis zu 1 500 Flüchtlinge sollte die Stadt eine Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) bekommen. »Wir nennen das zentrale Abschiebebehörde«, sagte Felix Blankenstein vom Bündnis »No ZAB« der Jungle World. Dort werde nur nach Aktenlage entschieden, persönlichen Kontakt mit den Betroffenen gebe es nicht. »Der Einzelfall zählt dann gar nicht mehr«, so Blankenstein. Besonders brisant sei, dass die Landesre­gierung versuche, Münster wegen des knappen Wohnraums in der Stadt ­unter Druck zu setzen. Die Erstaufnahmeeinrichtung besteht aus zwei ehemaligen Kasernen, auf die der Stadtrat seit Jahren ein Auge geworfen hat – er will auf dem Gelände Wohnungen bauen. Doch Ende Januar stimmte das Kommunalparlament mit 35 zu 34 Stimmen ­denkbar knapp gegen die ZAB. Nun bleibt die Fläche in den Händen der Bundesanstalt für Immobilien­aufgaben.

Joachim Stamp (FDP) ist Integrationsminister des Landes Nordrhein-West­falen. »Die Mehrheitsentscheidung des Stadtrats ist nicht nachvollziehbar«, sagte Stamp nach dem Votum. »Die Stadt hat die große Chance vertan, ihre Planungen an der York- und Oxford-Kaserne schneller zu realisieren. Nun wird weiter eine Aufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge auf dem Gelände der York-Kaserne betrieben«, so Stamp.

Das Bündnis »No ZAB« hingegen hat über Monate für eine Entscheidung ­gegen die »Abschiebebehörde« geworben. Insbesondere auf die in der Zivil­gesellschaft vernetzten Grünen, die sich derzeit in einem Stadtratsbündnis mit der CDU befinden, übte das Bündnis Druck aus.

Unterstützerorganisationen wie die Flüchtlingsinitiative »Bleiberecht für alle«, das Bündnis »Keinen Meter den Nazis« sowie Gewerkschaften, Kirchen, Linkspartei und sogar die SPD schlossen sich dem Kampf gegen die Einrichtung der ZAB in Münster an. »Wir haben von Anfang an versucht, die Wohnraumfrage von der ZAB-Frage zu entkoppeln«, sagte Blankenstein der Jungle World. Man habe den Versuch einer politischen Erpressung gesehen, so der Sprecher von »No ZAB«, »nach dem Motto: Ihr kriegt diesen Wohnraum nur, wenn ihr die Behörde ansiedelt«. Es sei auch aus der Perspektive der Stadt nicht ratsam gewesen, schließlich gebe sich Münster seit Jahren ein weltoffenes Image. »Wichtig war auch, dass wir die Grüne Jugend im Bündnis hatten. Die Grünen wussten, dass sie sich nirgendwo mehr blicken lassen können, wenn sie sich dafür entscheiden«, so Blankenstein.

Der Koalitionspartner der Grünen in Münster zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung. Die Grünen seien »unfähig zur Wahrnehmung gesamt­städtischer Verantwortung im Sinne der gesamten Bürgerschaft«, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan ­Weber. Die Koalition im Stadtrat aufkündigen wollten die Christdemo­kraten aber doch nicht.

Für das Bündnis »No ZAB« ist der Beschluss ein voller Erfolg. »Es ist vielleicht ein symbolischer Akt, aber auch ein konkretes Ergebnis. Mit der Frage, dass die ZAB dann woanders gebaut wird, haben wir uns natürlich auseinandergesetzt. Wir konnten eine ZAB in Münster aber nicht einfach widerspruchslos hinnehmen«, sagte Blankenstein. »Die Erfahrungen haben vor allem gezeigt, wie wirkmächtig Zivilgesellschaften sein können, wenn sie sich gut und gemeinsam organi­sieren.« Dass die Landes­regierung sich eingeschaltet und Unverständnis für die Debatte gezeigt habe, »ist für uns wie ein Ritterschlag«, so der »No ZAB«-Sprecher.

Derweil haben sich im Regierungsbezirk Münster bereits andere Kommunen bereit erklärt, eine ZAB bei sich aufzunehmen. Das Bündnis »No ZAB« plant deswegen, sich regional und überregional zu vernetzen, damit auch ­andernorts protestiert wird.