In den USA profitiert die Alt Right von Bitcoin

Reich ohne Staat

Seite 2 – Ein Geschenk des Himmels für die die Alt-Right

Auch Bezahldienste und Crowdfunding-Plattformen wie Paypal, Apple Pay, Gofundme und Kickstarter schlossen die Accounts bekannter Neonazis mit Verweis auf Gesetze gegen hate speech von ihren Serviceleistungen aus. Diese Art des de-platforming bereitet der Alt-Right enorme Probleme. »Es ist eine Sache, bei Twitter rauszufliegen, eine andere Sache ist es, aus dem ganzen Banksystem rauszufliegen«, warnte Spencer. Aus Bitcoin hingegen könne man nicht einfach rausgeschmissen werden.

In den Kommentarspalten der Faschosphäre fabulieren Nutzer derweil schon von Alternativen zu Bitcoin und deren Vereinbarkeit mit dem Regressionstheorem von Ludwig von ­Mises.

Für die Alt-Right sind Kryptowährungen ein Geschenk des Himmels, sagt Heidi Beirich vom Southern Poverty Law Center. Sie hat die Transaktionen von 200 rechtsextremen Bitcoin-Wallets (den digitalen »Geldbörsen« der Nutzer) beobachtet und in den vergangenen Monaten einen enormen Investitionsanstieg registriert. Bitcoins werden dabei vor allem für normale Geschäftszwecke eingesetzt. So empfing Andrew Anglin, der Herausgeber des Daily Stormer, im August 14,88 Bitcoins im Wert von 60 000 Dollar. Die Summe ist eine Anspielung auf die »14 Words« (»Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft für die weißen Kinder sichern«, eine Art Glaubensbekenntnis der extremen Rechten) und dem Code für »Heil Hitler«. Mittlerweile verfügt die Alt-Right mit Wesearch und Hatreon über eigene Crowdfunding-Plattformen für Internettrolle und politische Kampagnen, die hauptsächlich Bitcoins nutzen. Für einen Rechtshilfefonds des Daily Stormer konnten dort knapp 160 000 Dollar eingeworben werden. Auch die Aktion der Identitären Bewegung gegen die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer wurde so mit 234 000 Dollar ­kofinanziert.

Die rasanten Kurssteigerungen der letzten Zeit stellen allerdings auch diese Systeme vor Probleme. Anfang Dezember warnte Spencer vor einer kommenden Bitcoin-Blase. Weil viele Leute die Kryptowährung nicht als Tauschmittel verwenden, sondern lediglich als Investition, um reich zu ­werden, sei ein Crash programmiert. Auch Jürgen Elsässer sieht die Bitcoins bereits zum Spekulationsobjekt de­gradiert.

In den Kommentarspalten der Faschosphäre fabulieren Nutzer derweil schon von Alternativen zu Bitcoin und deren Vereinbarkeit mit dem Regressionstheorem von Ludwig von ­Mises. Dieses führt das allgemeine Wertäquivalent des Geldes auf seinen ursprünglichen Gebrauchswert als Edelmetall zurück. Finanzesoteriker halten ungedecktes Papiergeld daher für die Wurzel aller wirtschaftlichen Krisenerscheinungen und sind sich uneinig darüber, ob das energieintensive Bitcoin-Mining mit dem Schürfen von Gold vergleichbar und deshalb krisenfest sei oder ob die Bits wie sogenanntes Fiatgeld gespenstisch aus dem Nichts entstünden. Auch Sicherheitsbedenken gegen öffentliche Wallets werden ins Feld geführt. So lassen sich über den Twitter-Bot @Neonaziwallets sämtliche Kryptowährungstransaktionen bekannter Neonaziaccounts verfolgen. Aus antifaschistischer Sicht ist das immerhin ein Vorteil gegenüber der anonymen Nutzung von etablierten Bezahldiensten.