Porträt: Alfredo Astiz

Blonder Todesengel

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Im oberen Rang des Gerichtssaales grölten Angehörige der ehemaligen Offiziere die argentinische Nationalhymne. Unten im Saal wurden die Angeklagten ausgepfiffen und als Mörder beschimpft. Am 29. November endete der seit 2012 andauernde Prozess gegen 54 Mitglieder der Militärdiktatur Argentiniens. Im Verfahren zeigten sich der Umgang der argentinischen Gesellschaft mit der eigenen Geschichte und die schleppende Aufarbeitung der Straftaten.

Alfredo Astiz, ein ehemaliger Kapitänleutnant der argentinischen Marine und Geheimdienstoffizier, war einer der Angeklagten. Er ist auch bekannt als »blonder Todesengel« (Ángel Rubio de la Muerte). Seine Foltermethoden galten selbst in der Ausbildungs­einrichtung der argentinischen Marine, der ESMA, als besonders skrupellos.

In dem Verfahren, das sich mit den Verbrechen in der ESMA befasste, wurden erstmals auch Piloten der sogenannten Todesflüge verurteilt. Diese Flüge gelten als ein Symbol der Gräueltaten während der Diktatur. Die Gefangenen wurden betäubt, in Flugzeuge verfrachtet und lebend in den Rio de la Plata oder den Atlantik geworfen. Unter den Opfern waren auch zwei von Alfredo Astiz verschleppte Nonnen. Ihre Leichen wurden 1977 südlich von Buenos Aires an den Strand ­gespült.
Die Junta, so der britische Sender BBC, habe unter dem Vorwand gehandelt, das Land vor der Gefahr des Kommunismus zu schützen.

Um Vergebung, sagte Astiz im Gericht, bitte er niemals. Das Ende des Prozesses gilt als historisch, da erstmals auch die Systematik der Todesflüge anerkannt ­wurde. Alle Angeklagten, auch Astiz, stritten die Flüge bisher kategorisch ab. Die Verbrechen während der Junta prägen Argentinien weiterhin. Ein Teil der Gesellschaft prangert die zögerliche Aufarbeitung der Geschichte an, die Täter dagegen schweigen seit 40 Jahren.

Astiz wurde bereits mehrfach zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt, so auch vergangene Woche. Ihm wurde nachgewiesen, politische Gefangene verschleppt, gefoltert und ermordet zu haben.