Antiisraelische Demonstranten in Bremen prügeln einen ihrer Kritiker ins Koma

Am Ende der Gewalt

In der Nacht zum 13. Juli wurde in Bremen am Rande einer antiisraelischen Demons­tration ein 28jähriger ins Koma geprügelt. Nun wird Kritik an der Polizei geübt.

Dem Polizeibericht zufolge hatte sich der Mann schützend vor einen Journalisten gestellt, der aus der Menge der Demonstranten mehrfach attackiert worden war, da er versucht hatte, Fotos vom Demonstrationszug zu machen. Jean-Philipp Baeck, der Taz-Reporter, der verteidigt wurde, schreibt in seinem Bericht über die Ereignisse der Nacht, er habe sich wegen der Angriffe hilfesuchend an die anwesenden Polizisten gewandt, die ihm lediglich geraten hätten, sich zu seiner eigenen Sicherheit vom Ort des Geschehens zu entfernen. In diesem Moment habe er gesehen, wie in unmittelbarer Nähe einem Passanten mit der Faust ins Gesicht geschlagen wurde. Der Mann sei offenbar bereits durch den Schlag bewusstlos zusammengebrochen und mit dem Hinterkopf auf den Asphalt aufgeschlagen. Im Nachhinein wurde bekannt – auch dies schreibt Baeck – , dass einer der Ersthelfenden, ein ausgebildeter Sanitäter, die Polizisten mehrfach nach ihrem Verbandskasten gefragt, ihn aber nicht ausgehändigt bekommen habe. Nach ungefähr zehn Minuten wurde der Verletzte von einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

Hieß es im Polizeibericht noch, der Mann sei außer Lebensgefahr, werde aber intensivmedizinisch betreut, so ist inzwischen bekannt, dass er ins künstliche Koma versetzt werden musste. Baeck schreibt weiter, ein Polizeisprecher habe ihm mitgeteilt, aus Sicht der Polizei habe deren Vorgehen, nur wenig sichtbar in der Nähe des Demonstrationszuges aufzutreten, funktioniert. Nicht nur, aber vor allem in Anbetracht des Komapatienten erscheint diese Einschätzung absurd. Kritik wurde anschließend nicht nur von Baeck geübt. Die Bremer Ausgabe der Bild-Zeitung warf der Polizei in der darauf folgenden Woche Versagen auf ganzer Linie vor und führte hierbei unter anderem die von Baeck geschilderten Ereignisse an. Der innenpolitische Sprecher der Bremer CDU, Wilhelm Hinners, forderte ein härteres Durchgreifen gegenüber dem »hochaggressiven Mob«.

Bei einer Kundgebung des Bündnisses »Gegen jeden Antisemitismus«, die am 22. Juli vor der überregionalen Großkundgebung »Frieden und Gerechtigkeit für Palästina« stattfand, an der am darauf folgenden Tag über 5 000 Menschen teilnahmen, wurde dem Attackierten auf einem Transparent »Gute Besserung« gewünscht. Wegen der Gewaltbereitschaft der »Friedensdemons­tranten« zogen es die Rednerinnen und Redner während der Kundgebung vor, von einem weißen Laken verdeckt aufzutreten, um nicht erkannt zu werden. Dass Grund zur Sorge besteht, zeigten nicht nur die Ereignisse des 13. Juli.
Ein Aufruf zur antiisraelischen Großkundgebung enthielt die deutliche Aufforderung an die Teilnehmenden, von Diskriminierung, »egal in welche Richtung«, und Gewalt gegenüber Gegendemonstranten abzusehen, da dies bekanntlich nur dazu führe, dass die Bewegung an öffentlichem Ansehen einbüße. Gewaltbereite und antisemitische Demonstrationsteilnehmer waren den Verfassern des Aufrufs anscheinend durchaus willkommen, sie sollten sich bloß bitte aus Imagegründen ein wenig zurückhalten. Am 24. Juli meldete der Weserkurrier, Polizeisprecher Lutz Müller habe in der Innendeputation erklärt, der am 13. attackierte junge Mann befinde sich weiterhin in Lebensgefahr. Die bereits am Tag nach der Demonstration eingeleiteten Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung waren bis dahin erfolglos geblieben. Auch bemühte sich Müller, noch einmal zu rechtfertigen, dass die Demonstration nicht aufgelöst worden war. Da sie abseits des Angriffs weitgehend friedlich verlaufen sei, habe der Einsatzleiter keine Möglichkeit zur Auflösung gesehen. Vor Ort sei es außerdem schwierig gewesen, einzelne Personen aus dem Demonstrationszug zu entfernen, da sich die Vernehmung von Zeugen schwierig gestaltet habe. Dass Polizisten, die sich schon schwer tun, erste Hilfe zu leisten, es nicht schaffen, Zeugen aufzutreiben, die einen Angreifer identifizieren können, wundert kaum.