Asthma-Epidemie im Radsport

Zu blöd zum Dopen

Er verstehe die ganze Aufregung nicht, das renommierte Tennisturnier von Paris habe ja schließlich gerade eine Heroinsüchtige gewonnen. Warum sich alle Welt nun aber ausgerechnet auf Doping im Radsport konzentriere, sei ihm völlig schleierhaft, erklärte Walter Goedevroet, der Chef des deutschen Telekom-Rennstalls, nur wenige Tage nach den Durchsuchungen der Fahrerzimmer beim Giro d'Italia.

Dass Radsportler sich nicht durch ein Übermaß an Intelligenz auszeichnen, steht aber nicht erst seit Goedevroets Äußerungen fest. Auch der Etappe der Österreich-Rundfahrt vom vergangenen Samstag, die nicht gewertet werden konnte, weil sich das komplette Starterfeld verfahren hatte, hätte es dazu nicht bedurft.

Um festzustellen, dass der Radfahrer an sich ziemlich blöde sein muss, genügt ein Blick in die Krankenakten. Trotz der dort festgehaltenen schwersten Asthma-Leiden, die nur mit Hammermedikamenten wie Cortison bekämpft werden können, quälen sich die Sportler unverdrossen bei Rundfahrten und Zeitrennen, statt, wie andere Asthmatiker, alles eher gemächlich anzugehen. Untersuchungen, nach denen beispielsweise vier Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung an der Krankheit leiden, während nur 20 Prozent aller professionellen Radfahrer Nicht-Asthmatiker sind, weisen die radelnden Versehrten-Sportler jedoch als Verleumdung zurück.

»Ich bin halt Asthmatiker, sag ich mal«, erklärte so auch Jan Ullrich jüngst die Cortison-Funde in seinem Gepäck. Der Arzt der Telekom-Mannschaft hatte die bei ihm aufgestöberten Coffeintabletten selbstverständlich auch nur zur Bekämpfung seines Jetlags dabei, und Frigo schleppte Dopingmittel nicht etwa mit sich herum, weil er sie etwa nehmen wollte, sondern nur so, »als Sicherheitsreserve«, falls er sie mal brauchen würde.

Derart dreist angelogen zu werden, ist weitaus schlimmer als Doping. Denn niemand, der sie noch alle beisammen hat, kann davon ausgehen, dass die Höchstleistungen beim Giro und bei der Tour de France ohne Hilfsmittel zu schaffen sind. Dafür sprechen sogar die Zeitvorgaben der Veranstalter, die völlig cleane Starter kaum einhalten können. Oder, wie der ehemalige Festina-Masseur Willi Voet jetzt im »Aktuellen Sportstudio« sagte: »Unser Rennstall gilt als derjenige, in dem seit 1992 gedopt wird. Wenn alle anderen aber clean waren, wie kommt es dann, dass wir trotz Dopings kein einziges Mal die Tour gewonnen haben?«

Eine Dopingfreigabe würde deswegen nicht nur endlich für klare Verhältnisse und Chancengleichheit sorgen, sondern auch den ständig nach Sponsoren suchenden Sportlern weitere Einnahmequellen sichern. Ähnlich wie in der Formel 1, wo seit Jahren neben der Fahrer- auch die Reifenweltmeisterschaft entschieden wird, könnten dann auch Medikamentenhersteller miteinander wetteifern. Wenn etwa der Ringer, Radfahrer oder Schwimmer, der bei Hoechst unter Vertrag steht, gegen den Boehring-Starter verliert, wäre dies ein klares Zeichen dafür, wer die besseren Pillen macht. Und die Sportler könnten sich zudem noch darauf verlassen, dass sie nur in klinischen Versuchen umfangreich getestete Substanzen ohne jegliche Verunreinigungen zu sich nehmen.

So weit wird es aber vermutlich nicht kommen, denn gedopt sind schließlich immer nur die anderen.