Die belarussische Oppositions­politikerin Maria Kolesnikowa hat sich ihrer Abschiebung in die Ukraine widersetzt

Künstlerin und Vorbild

Porträt Von Ute Weinmann

<p>Maria Kolesnikowa liebt die schönen Seiten des Lebens. Politik zählte bis vor kurzer Zeit nicht dazu, aber die Präsidentschaftswahlen in Belarus haben ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt.</p>

Maria Kolesnikowa liebt die schönen Seiten des Lebens. Politik zählte bis vor kurzer Zeit nicht dazu, aber die Präsidentschaftswahlen in Belarus haben ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt. Als Repräsentantin der Opposition prägt die Künstlerin wie keine andere der neuen starken Frauen die seit über einen Monat anhaltenden Proteste gegen Alleinherrscher Alexander Lukaschenko.
Die 38jährige ist ausgebildete Querflötistin und Dirigentin. 2007 verschlug es sie von Minsk an die Musikhochschule nach Stuttgart. Den Kontakt in die belarussische Hauptstadt hielt sie durch die Organisa­tion von internationalen Konzerten und Kunstprojekten. Als Kunsteventmanagerin machte sie sich einen Namen und lernte den Bankdirektor und Kunstmäzen Wiktor Babariko kennen. Zunächst machte er sie zur künstlerischen Leiterin des Kulturzentrums OK-16 in Minsk. Dieses verwandelte ein tristes Industrieviertel in einen lebendigen Ort.
Babariko wollte bei der Präsidentschaftswahl gegen Lukaschenko kandidieren, wurde aber nicht zugelassen. Kolesnikowa leitete sein Wahlkampfteam. Seither ist sie aus der belarussischen Politik nicht mehr wegzudenken. Sie ist eines der führenden Mitglieder des Koordinierungsrats der Opposition. In einem Interview mit der russischen Novaya Gaseta sagte sie, ihr öffentliches Auftreten und die vielen Menschen um sie herum gäben ihr ein Gefühl von Sicherheit. Personenschutz hatte sie nicht, die Flucht ins Ausland zog sie nicht in Erwägung. Einer Augenzeugin zufolge zogen maskierte Männer in Zivil sie am Montagmorgen in einen Kleinbus. Danach verlor sich zunächst jede Spur von ihr. Noch in der Nacht wurde sie mit zwei weiteren Angehörigen des Koordinierungsrats zur Grenze ­gebracht, um in die Ukraine abgeschoben zu werden. Nach Angaben des stellvertretenden ukrainischen Innenministers, Anton Geraschtschenko, zerriss sie ihren Pass und blieb daher in Belarus. Wenn das tatsächlich so passiert sein sollte, hat diese Geste sie zur Leitfigur der Opposition gemacht.