Das neue Album der Band Metz

Quietschende Ketten

Metz machen seit über zehn Jahren Krach. Damit stören sie die Richtigen.

Wo die Menschen sich wie Automaten verhalten, können nur die Dissonanz und das Störende die Maschinenmenschen auf ihren Wahnsinn aufmerksam machen. Der Sinn von Popmusik in Abgrenzung zur ernsten Musik mag einmal gewesen sein, einem größeren, dem klassischen Bildungskanon eher fremden Publikum verständlich und angenehm zu sein. In diesem Sinne ist Pop emanzipatorisch. Wo die breite Masse aber auch angepasst sein und eine hässliche Fratze haben kann, muss ein Kompromiss her: Pop, aber schräg – Nichtgefallen mit Methode.

Die kanadische Band Metz weiß, dass es mit den Stilmitteln des Punk, mit einfachen Riffs, kurzen Songs und einfachen Phrasen nicht getan ist. Das Trio übt sich deshalb im Schrägen. Und wie bei allen Bands, die irgendwas mit »Noise« in der Genrebezeichnung tragen, gilt es den Balanceakt zu meistern: am einen Ende Stille, am anderen Ende nur noch Rauschen. Dazwischen: die Musik als noch erkennbarer Krach.

Auf ihrem neuen Album »Automat« zeigen die drei Kanadier, wie meisterhaft ihnen dieser Balanceakt gelingt beziehungsweise bereits vor Jahren gelungen ist. Während ihr Label Sub Pop wohl schon seit der Popularisierung der Cobain’schen Schrägheit à la Nirvana nicht mehr ausschließlich dem Nichtgefallen verpflichtet scheint, fordert »Automat« den Hörer schon in den ersten Minuten kräftig heraus und lässt nur wenige Atempausen zwischen all dem scherbelnden Sound.

Das Album ist eine Sammlung neu abgemischter früherer Singles und B-Seiten aus dem Jahr 2009. Die Band entschied sich nach eigenen Angaben zur Veröffentlichung der Kollektion, als sie feststellte, dass ihre ersten 7-Inches auf einschlägigen Portalen mittlerweile für 60 US-Dollar gehandelt werden. Ein angenehmer Gegenstandpunkt zum furchtbar um sich greifenden Vinyl-Elitarismus, der nichts weiter ist als Warenfetisch von ­seiner dümmsten Sorte: Was möglichst selten ist, muss wertvoll sein.

Quietschende Kette im Getriebe

Und mal ehrlich: Krachbands klingen ohnehin nur auf den B-Seiten besonders gut. Denn was ohnehin nicht für ein großes Publikum gedacht ist, kann nur besser werden, je abseitiger es ist. »Automat« beweist das. Der Song »Dry Up« will im besten Sinne an kaum einer Stelle jemals den Wohlklang, die gefürchtete Konsonanz erreichen. Die Demo­version von »Wet Blanket« bietet herrliche Dreckigkeit.

Gegen Ende gibt es dann aber doch noch was zum Mitsingen: »Leave Me Out« taugt für ­einen Diskoabend mit Freaks, und der in gewisser Weise titelgebende Track »Pure Auto« rechnet mit den Automatenmenschen ab: »I want to give ’em the slip/I want to shoot from the hip.« Es sei eine zynische Hymne über die notorische Sucht nach Kontrolle, ließ die Band verlauten. Eine Kontrolle, die man nie wirklich hat, die einem aber laufend vorgaukelt wird: »Pure autonomy, me, me, me, me.«

Wer die Störung genießt, wird nicht nur an den wiederveröffentlichten Songs, sondern auch an der fröhlich-wahnsinnigen Bühnenpräsenz von Metz seine Freude haben. Gelegenheiten für diesen Genuss gibt es genug: Die Band spielt nicht selten 100 und mehr Konzerte im Jahr.

Metz sind eine wohltuend unge­ölte, quietschende Kette in einem Getriebe, dessen ungestörter Gleichlauf mehr Krach macht, als jede verzerrte Gitarre es könnte.

Metz: Automat (Sub Pop)