Genfer Flüchtlingskonvention

Wer bricht hier das Recht?

Die SeaWatch-Kapitänin Carola Rackete ist wieder frei. Seit ihrer Festnahme wurde darüber diskutiert, ob Seenotrettung illegal ist. Dabei ist es die Abschottungspolitik der Europäischen Union, die gegen internationales Recht verstößt.

Carola Rackete ist wieder in Freiheit. Ein italienisches Gericht urteilte, dass die Kapitänin ihrer Pflicht gefolgt sei, Menschenleben zu retten. Da nach ihrer Festnahme einmal mehr darüber gestritten wurde, ob was was Sea Watch da gemacht hat, gegesetzeskonform oder nicht gewesen sei, eine kleine Erinnerung, worum es eigentlich geht. Nämlich um Geflüchtete und ihre Rechte.

Dazu äußerst sich die Genfer Flüchtlingskonvention klar und deutlich:

Since, by definition, refugees are not protected by their own governments, the international community steps in to ensure they are safe and protected.

Dabei wird als Flüchtling definiert, wer

"owing to well-founded fear of being persecuted for reasons of race, religion, nationality, membership of a particular social group or political opinion, is outside the country of his nationality and is unable or, owing to such fear, is unwilling to avail himself of the protection of that country; or who, not having a nationality and being outside the country of his former habitual residence, is unable or, owing to such fear, is unwilling to return to it.

Es gibt kein Recht auf Asyl, es gibt aber das Recht, einen Asylantrag zu stellen.

Wer also eine begründete Angst vor Verfolgung hat und eine internationale Grenze überschritten hat, gilt vorläufig solange als Flüchtling, bis eine anerkannte Instanz in einem Signatarstaat der Genfer Flüchtlingskovention oder das UNHCR über den Asylantrag der Betroffenen etscheidet:

The refugee definition is declaratory, i.e. a person is a refugee as soon as s/he fulfils the criteria contained in the definition. This would necessarily occur prior to a formal determination of her/his refugee status. Until such determination is made it must be assumed that those who have crossed an international border to escape a risk of serious harm in their country of origin are refugees and should be treated as such.

Tritt dieser Fall ein, gewähren die Unterzeichner dieser Konvention Rechte, neben grundlegenden anderen Rechten vor allem das Recht, vor jeder Art der Rückführung in das Herkunftsland geschützt zu werden, bevor die Rechtmäßigkeit des Asylantrages geprüft wird.

Dafür aber müssen die Vertragsstaaten der Konvention Flüchtlingen ermöglichen, auf ihrem Territorium - oder extraterritorial - die Möglichkeit zu haben, einen Asylantrag stellen zu können. Reist jemand zum Beispiel mit falschen oder ohne Papiere in ein Land ein und stellt nach Einreise einen Asylantrag, gilt die Grenzüberquerung im Nachhinein nicht mehr als illegal oder Straftat.

Die Unterzeichnerstaaten der Konvention haben volles Recht, ihre Souveränität zu wahren, müssen aber garantieren, dass Flüchtlinge Asylanträge stellen können. Noch einmal: Es gibt kein Recht auf Asyl, es gibt aber das Recht, einen Asylantrag zu stellen.

Ist dies momentan gegeben? Nein! Gibt es für Menschen in Libyen die Möglichkeit das Territorium eines sicheren Staates zu erreichen, außer auf diesen seeuntüchtigen Boote? Nein! Haben Flüchtlinge in Libyen eine andere Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen, der nach Maßgaben der Genfer Konvention berabeitet wird, während sie sich der Rechte erfreuen, die die Konvention für sie vorsieht? Nein!

Die Staaten der EU brechen also im Moment auf vielfältige Weise die Genfer Flüchtlingskonvention und damit für sie gültiges Recht. Dies gilt ganz besonders für den Fall Libyen, wo das in der Genfer Konvention bezeichnete Rechtssubjekt "Internationale Gemeinschaft" vorsätzlich seine Pflichten verletzt, dass Flüchtlinge "safe and protected" sind.

Jede Debatte um Rechtmäßigkeit von Aktionen der Sea Watch, die dies nicht berücksichtigt oder voraussetzt, gehen deshalb an der Sache vorbei und/oder sind hypokritisch.