Israel sieht sich mit neuen Angriffen des Iran konfrontiert

Von Krieg zu Krieg

Der Einsatz einer iranischen Drohne und der Abschuss eines ­israelischen Kampfjets stellen eine neue Qualität der Konfrontation zwischen den beiden Staaten dar.

Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran hat eine neue Eskalationsstufe ­erreicht. Am 10. Februar drang eine Drohne aus iranischer Produktion von Syrien aus in den israelischen Luftraum ein. Ein israelischer Hubschrauber schoss die Drohne ab. Kurz darauf ­griffen einige israelische Kampfjets die von iranischen Revolutionsgardisten betriebene Kommandostation bei Palmyra in Syrien an. Ein israelischer Kampfjet vom Typ F-16 wurde von einer syrischen Flugabwehrrakete ab­geschossen. Der Iran und Syrien werteten das als Erfolg, nachdem sie zunächst bestritten hatten, dass es überhaupt Luftangriffe gegeben habe. Als Vergeltung griff die israelische Luftwaffe syrische und iranische Ziele in Syrien an.

Welches Ziel der Iran mit der Drohnenmission verfolgte, ist unklar. Eine Deutung ist, dass die iranische Führung von der Unzufriedenheit im eigenen Land ablenken wollte. Daher habe man anlässlich des Jahrestags der iranischen Revolution am 11. Februar ­einen Erfolg und womöglich von der Drohne gesammeltes Bildmaterial präsentieren wollen. Bei dem abgeschossenen Fluggerät vom Typ Shahed-141 handelte es sich um den Nachbau einer US-amerikanischen Drohne, die dem Iran 2011 in die Hände gefallen war.

Nach den Luftangriffen und dem Abschuss der F-16 sollen offenbar weitere Angriffe in Erwägung gezogen worden sein, jedoch habe ein Telefonat des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu dies verhindert. Der Zeitung Haaretz zufolge gab es im israelischen Kabinett bereits Stimmen für einen direkten Angriff auf den Iran.

Russland verurteilte die israelischen Angriffe nicht, sondern rief die Beteiligten lediglich zur Zurückhaltung auf. Die USA ziehen sich immer mehr aus der Region zurück. Dass US-Außenminister Rex Tillerson vergangene Woche auf seiner Rundreise durch den Nahen Osten nicht nach Israel kam, sorgte dort für Unmut. Zumindest hatte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, den israelischen Luftwaffeneinsatz verteidigt und den Drohneneinsatz als »Weckruf für die Welt« bezeichnet.

In den vergangenen fünf Jahren hat die israelische Armee Luftangriffe auf Konvois in Syrien geflogen, hauptsächlich gegen vermutete Waffenlieferungen an die Hizbollah. Israelische Offi­zielle gehen davon aus, dass diese mittlerweile über mehr als 100 000 Raketen und Projektile verfügt.

Das war auch ein Thema während der Reise Tillersons bei Gesprächen mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun. Tillerson äußerte ihm gegenüber, die Aufrüstung der Hizbollah gefährde die Sicherheit des Libanon. Aoun entgegnete, dem Libanon sei an einer ruhigen Lage an der Grenze zu ­Israel gelegen, und forderte von Tillerson, er solle eine »effektive Rolle« in der Lösung der Grenzstreitigkeiten spielen und Israel von weiteren Angriffen auf Libanons Souveränität abhalten. Israel hat vor zwei Wochen den Bau einer Mauer am Rand der nahe der Grenze zum Libanon gelegenen Stadt Metulla abgeschlossen. Der Libanon hatte kürzlich Probebohrlizenzen für Gasvorkommen im Levantinischen Becken im Mittelmeer vergeben, auch in einem Gebiet vor der Küste, das sowohl Israel als auch der Libanon beanspruchen. US-Diplomaten hatten vermittelt, um die Spannungen beizulegen.

Der Iran dürfte derzeit kein großes Interesse an einer direkten kriegerischen Auseinandersetzung mit Israel in Syrien haben, meint Meir Litvak, Iran-Spezialist an der Tel Aviv University. Schließlich sei der Bürgerkrieg in Syrien, in dem das iranische Regime den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad unterstützt, noch nicht vorbei und die mit dem Iran verbündete Hizbollah weiterhin darin involviert. ­Besser sei es aus der Sicht des Iran, abzuwarten, bis die Hizbollah wieder ­zurück im Libanon sei, sich regruppiert und reorganisiert habe. Zudem sei ein »Konflikt niedriger Intensität«, in dem der Iran schiitische Milizen als Angriffskräfte von der syrischen Seite der Golan-Höhen nutze, »viel besser für sie als ein ausgewachsener Krieg«.

Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hizbollah, bekräftigte hingegen am Freitag vergangener Woche, seine Organisation sei bereit für einen Krieg. Netanyahu wiederum warnte auf der Nato-Sicherheitskonferenz in München den Iran erneut davor, Militärbasen in Syrien zu errichten.

Gewisse Erwartungen in die russische Diplomatie äußerte Gabriel Ben-Dor, ein Spezialist für den Nahen Osten an der Universität von Haifa, in der Jerusalem Post. »Die Russen fanden den Iran als Verbündeten im Kampf nützlich, wollen ihn aber nicht als starke Regionalmacht, die Syrien kontrolliert«, ­argumentierte er. Aber der Iran verfolgt seine eigenen Pläne.» Das Endziel ist, im Falle eines weiteren Kriegs Syrien zu einer neuen Front zwischen Israel, der Hizbollah und dem Iran zu machen«, sagte Amir Toumaj, ein Forscher der Foundation for Defense of Democracies, zu Wochenanfang der New York Times.

Auch an anderen Fronten nimmt die Bedrohung nicht ab. Am Sonntag ­wurden vier israelische Soldaten an der Grenze zum Gaza-Streifen durch eine Sprengfalle verletzt. Daraufhin griff die Luftwaffe über Nacht 18 Ziele hauptsächlich der Hamas an, unter anderem Tunnel nach Israel. Dem Gesundheitsministerium in Gaza zufolge wurden dabei zwei Palästinenser verletzt. Erst vorige Woche hatte der Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Gadi Eizenkot, vor dem israelischen Kabinett erklärt, dass die wirtschaftliche und infrastrukturelle Lage in Gaza miserabel sei und es dringenden Handlungsbedarf für die Regierung gebe. Wenn sich die Situation nicht deutlich verbessere, könne es noch dieses Jahr einen neuen Krieg mit der Hamas geben.