Mothership Connection

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Neben Death Grips gehören Clipping zu den interessanteren Vertretern gegenwärtiger Rap-Musik. Denn der Referenzkosmos der drei Musiker aus Los Angeles reicht weit über den konventionellen Rahmen des Genres hinaus. So spielte das 2014 erschienene Album »CLPPNG« mit Hilfe eines Leipogramms, also der konsequenten Auslassung eines Buchstabens in sämtlichen Texten, mit Fragen der Identitätskonstruktion – sämtliche Lyrics kamen ohne »I« aus, ohne »ich«. Das Resultat glich einer Sammlung schablonenhafter Rap-Motive, die, ihres erzählerischen Ichs beraubt, auf die Egozentrik des Genres hinwiesen.
»Splendor & Misery«, Clippings drittes Album, kleidet Überlegungen zu schwarzer Identität, die nach den jüngsten Vorfällen rassistisch motivierter Polizeigewalt umso aktueller sind, nun in das Gewand einer afrofuturistischen Dystopie. Es ist weniger ein Album im klassischen Sinne als ein Hörspiel oder, in den Worten des britischen Schriftstellers Kodwo Eshun, Sonic Fiction, ein spekulativer Zukunftsentwurf.
Clipping verlegen das »founding trauma« (Eshun), das historische Motiv des atlantischen Sklavenhandels, ins Weltraumzeitalter. Der Pro­tago­nist der Erzählung ist der einzige Überlebende eines Sklavenaufstands und irrt an Bord eines intergalaktischen Transportschiffs ziellos durch den Kosmos. In seiner Einsamkeit entdeckt er schließlich im Fiepen der Alarmsignale und der scheppernden Resonanz der Schiffshülle Musik und einen Bordcomputer, zu dem er eine Beziehung aufbaut.
Die klangliche Untermalung fungiert zudem als eine Art eigenständiger Erzählstrang: Das Rauschen, Rattern und metallische Rumpeln erinnert an Geräusche, wie sie im Inneren eines Raumschiffs zu hören sein könnten. Andererseits offenbart sich – beispielsweise auf »Air ’Em Out« – selbst in der scheinbaren Willkür des Fiepens Information: Als Morse-Code getarnt, wird hier der Klang zur Schrift.

Clipping: Splendor & Misery (Sub Pop/Cargo Records)