Die NPD und ihr Verbot

Ein blasser Schimmer für die NPD

Die NPD versucht, die Debatte um ihr Verbot als Werbung im Wahlkampf zu nutzen. Für den Fall eines Verbotsverfahrens gibt sich die Partei siegesgewiss.

Sie hält sich für »verboten gut«. Dieser Werbeslogan ist zurzeit auf Websites und Plakaten der NPD zu finden, zum Beispiel auf einem, das die Partei auch jüngst im Saarland verwendet hat. Zu sehen ist darauf eine hübsche junge Frau beim Headbanging, daneben steht das Motto: »NPD – verboten gut«. So betreibt die Partei Wahlkampf mit der Diskussion um die Möglichkeit eines gegen sie gerichteten Verbotsverfahrens. Im Saarland hat sie 1,2 Prozent der Stimmen bekommen. Zu den Gründen für den erneuten Versuch, sie zu verbieten, gibt es in der Partei verschiedene Spekulationen. Frank Franz, ein ehemaliger Oberfeldwebel und der Landesvorsitzende der NPD im Saarland, sieht es so: »Bis zu den Bundestagswahlen soll das Verbotsverfahren eingeleitet werden, ein klares Signal dafür, dass man sich nur unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen möchte.« Von wem der Konkurrenzkampf hauptsächlich ausgeht, ist für Franz ebenfalls klar: »Die CDU will uns weghaben, weil wir den Euro weghaben möchten.« »Verboten gut« war auch das Motto einer »Mahnwache« der NPD Ende März, an dem Tag, als die Innenminister der Länder über ein Verbotsverfahren berieten und sich für den Abzug der V-Leute aus der Partei entschieden. Als Redner traten der NPD-Vorsitzende Holger Apfel und sein Stellvertreter Udo Pastörs auf. Doch nur wenige Unterstützer verirrten sich zum Potsdamer Platz in Berlin. Pastörs sagte in seiner Rede, die NPD solle verboten werden, weil sie »den Etablierten ein Dorn im Auge« sei. Die Partei fordere einen sofortigen Austritt aus der EU, »und deshalb hasst man uns in Reihen der etablierten Volkspar­teien«. Auf den Anlass für die Diskussion um ein Verbot, also auf den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), ging Apfel in Andeutungen ein. Man unterstelle seiner Partei »kriminelle Energien« und versuche, die NPD »in Zusammenhang mit irren Gewalttätern zu bringen«. Das sei »Wahnsinn«. Er forderte deshalb »die Ausschaltung der kriminellen Geheimdienste, die wie ein Staat im Staate agieren und nichts anderes als Staatsterrorismus betreiben«. Dass Verbindungen zwischen der NPD und dem NSU bestanden haben könnten, wird von der Partei vehement bestritten und als Teil einer Diffamierungskampagne dargestellt. Auf ihrer Homepage verlautbart sie: »In den vergangenen Monaten wurde seitens der etablierten Politik und staatlicher Stellen mit Hochdruck versucht, der NPD eine Nähe zur ominösen Terror-Truppe ›NSU‹ zu unterstellen, da die ansonsten gesammelten Informationen anscheinend keinen Anlass für neue Verbotsüberlegungen boten.« Und so sind auch in den offiziellen Internetauftritten der Partei keine Sympathiebekundungen für den NSU zu finden. Andere Nazis ergehen sich in Verschwörungstheorien, wenn es um den NSU und ein mögliches Verbotsverfahren geht. Das lässt sich auf den Internetseiten des »Deutschlandechos« nachlesen, dabei handelt es sich nach eigenen Angaben um »ein unabhängiges Nachrichtenportal, das 2010 aus dem 2008 ins Leben gerufenen ›Patriotischen Forum Süddeutschland‹ sowie dem 2009 gegründeten Portal ›Gesamtrechts‹ hervorgegangen ist«. Dort findet sich beispielsweise die Behauptung: »Es deuten viele Indizien darauf hin, dass der Thüringer Verfassungsschutz die Terrorzelle regelrecht aufgebaut und finanziert hat.« Einen ARD-Bericht, demzufolge der mutmaßliche NSU-Terrorist Uwe Mundlos in den neunziger Jahren mindestens einmal als Fahrer des derzeitigen stellvertretenden NPD-Parteivorsitzenden Frank Schwerdt fungierte, bezeichnet das »Deutschland­echo« als »konstruierten Skandal«. Wer die Kommentarspalten zu den Meldungen liest, kann sich ein Bild von den Ansichten vieler Nazis machen. Der Verfassungsschutz und die Geheimdienste hätten die Terrorzelle NSU aufgebaut und finanziert, weil ein Verbotsverfahren gegen die NPD andernfalls aussichtslos gewesen wäre, ist die gängige Meinung. Die jahrelange Mordserie gehört den Kommentaren zufolge zur staatlichen Strategie, um ein Verbot der NPD zu ermöglichen. »Wer nichts Verbotenes tut, kann auch nicht verboten werden.« Dieser Satz ist häufig, manchmal mit einem zwinkernden Smiley versehen, in Naziforen zu lesen. Ob die Innenminister der Länder ebenfalls zu dieser Ansicht gelangen, wird sich am 6. Dezember zeigen. Bis dahin wollen die Bundesregierung und die Landesregierungen entschieden haben, ob ein neues NPD-Verbotsverfahren eingeleitet wird. Und währenddessen sollen Beweise gesammelt werden, um eine Blamage wie im Jahr 2003 zu vermeiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich kritisch zu einem NPD-Verbotsverfahren geäußert. Solche Aussagen und die Zurückhaltung anderer Politiker und staatlicher Stellen nutzt die NPD, um sich siegesgewiss zu geben. »Die Angst unserer Gegner, in einem Verfahren in Karlsruhe zu scheitern, ist groß«, konstatierte Apfel während der »Mahnwache« am Potsdamer Platz. Auch der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier habe »regelrecht davor gewarnt«, weshalb die Partei den weiteren Entwicklungen »mehr als gelassen« entgegensehe. »Wenn wir denn tatsächlich den Gang nach Karlsruhe gehen sollten, dann werden die Vorwürfe unserer Gegner wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen«, versicherte Apfel. Über den Fortschritt bei der Beweisaufnahme zu den Verbindungen zwischen der NPD und dem NSU dürfte die Partei gut informiert werden. In der vergangenen Woche wurde Arne Schimmer, ein NPD-Landtagsabgeordneter in Sachsen, in den NSU-Untersuchungsausschuss des Landesparlaments gewählt, mit 18 Ja-Stimmen, obwohl die NPD nur acht Abgeordnete im Parlament stellt. Linkspartei, SPD und Grüne hatten auf die Bildung des Ausschusses gedrängt und sich gegen die schwarz-gelbe Regierungskoalition durchgesetzt. Und so dürften die zehn zusätzlichen Stimmen für Schimmer auch aus diesen Parteien stammen. Ohne sie wäre Schimmer nicht gewählt worden, woran die Einrichtung des Untersuchungsausschusses gescheitert wäre. Schimmer kann nun als Mitglied des Ausschusses Einsicht in Akten und Geheimdokumente nehmen und Zeugen verhören. Die Landtagsdebatte an dem Tag nutzte er, um dem Verfassungsschutz Versagen und eine Verbindung mit den Morden der Zwickauer Zelle vorzuwerfen.