Das große Schleckern

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Eine Kundin steht an der Kasse, klopft der Verkäuferin auf die Schulter und wünscht ihr: »Alles Gute für die Zukunft.« Mit einem angestrengten Lächeln bemüht diese sich darum, dass Mitgefühl der Schnäppchenjägerin zu würdigen. Diese Szene ereignete sich vorige Woche im Schleckermarkt in der Berliner Karl-Marx-Straße. Es ist eine der rund 2 000 Filialen, die am Samstag endgültig die Tore schließen werden. Allein 77 davon befinden sich in Berlin. Viele der Kunden fragen die Verkäuferinnen, es scheinen tatsächlich durchweg Frauen zu sein, wie ihre Zukunft aussehe. Diese beantworten geduldig die stets gleichen Fragen und beteuern, es noch nicht zu wissen. Statt dem routinierten Dialog: »Möchten sie eine Quittung?« – »Nein, danke!«, gibt es nun Small Talk, bei dem den Verkäuferinnen Mut zugesprochen wird. An den Kassen bilden sich lange Schlangen. Schließlich gibt es zum Abschluss nochmal dicke Rabatte. Abgesehen von preisgebundenen Produkten wie Zigaretten oder Handyaufladekarten, ist tatsächlich alles um 30 Prozent reduziert. »Echt, auch auf Tiernahrung?«, scherzt ein Kunde in der Filiale am Kottbusser Damm, die ebenfalls geschlossen wird. »Ja, auch auf die Tiernahrung«, erwidert die Verkäuferin sichtlich verwirrt. Kurz vor Schluss arbeiten dann auch tatsächlich zwei Verkäuferinnen im Laden, statt nur einer, wie man es sonst gewohnt ist. Die werden auch benötigt, denn es ist richtig voll. Ein ungewöhnliches Bild, das zweifelsfrei den Rabatten geschuldet ist. Ansonsten sieht es im Schlecker nämlich aus wie immer: Trostloses Interieur, keinerlei Service. Dazu der krude Beigeschmack, ein Unternehmen zu unterstützen, in dem die Mitarbeiterinnen überwacht werden und sich zuweilen nicht mal auf die Toilette trauen. Vor dem Schlecker in der Sonnenallee unterhalten sich Zugezogene ironisch darüber, wer wohl in Zukunft in das Gebäude ziehen wird. Der zweite Bioladen in der Straße? Ein Vintage-Geschäft? Ein Schuhladen? Wenn die Anwohner Glück haben, wird es ein DM.