Hier verhungert keiner!

Österreichische Asylgesetzgebung

von jutta sommerbauer

»Schau in die Krone!« lautet der fordernde Werbespruch der auflagenstärksten Zeitung Österreichs. Ein kurzer Blick in das Blatt im Kleinformat reicht, um zu erahnen, welcher Wind derzeit im Alpenland weht. »Die ausufernde Kriminalität macht strengere Asylgesetze notwendig«, war da in der vergangenen Woche zu lesen. Erst »fünf Minuten nach Zwölf« entspreche die Regierung nun mit ihrer Novelle dem Wunsch der Bevölkerung nach strengeren Gesetzen. Dass sich die Österreicher mehrheitlich Verschärfungen im Asylrecht wünschen – einer aktuellen IMAS-Umfrage zufolge unterstützen diese Forderung 57 Prozent der Bürger –, ist nicht nur für die Krone ein gefundenes Fressen.

Die beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ können mit einer großen Unterstützung für ihre in der vergangenen Woche präsentierte Regierungsvorlage rechnen. Diese sieht unter anderem vor, dass sich Asylwerber während des Verfahrens nicht von ihrem Wohnort entfernen dürfen. Angaben über Traumatisierungen sollen strenger überprüft werden. Auch die Abschiebung in so genannte sichere Drittstaaten soll bei traumatisierten Flüchtlingen künftig möglich sein. Zudem sieht die Vorlage vor, dass Flüchtlinge schneller in Abschiebehaft genommen werden können. Künftig soll auch die Zwangsernährung von Abschiebehäftlingen möglich sein, damit das so genannte Freipressen unterbunden werde, so die Regierung. »Wir sind sehr nahe beieinander, müssen aber einige Punkte auf die Verfassungsmäßigkeit abklopfen«, erklärte die neue Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) der Tageszeitung Der Standard.

Worauf die »Konsenspolitikerin« Prokop anspielt, ist klar. Die Regierung will ein Gesetz, dessen Inhalte nicht wieder vom lästigen Verfassungsgerichtshof außer Kraft gesetzt werden. Denn der Hintergrund für die aktuelle Novelle ist die Aufhebung von Teilen des Asylgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof im Oktober des vergangenen Jahres. »Das höchste Gericht hat nicht mangelnde Härte beanstandet, sondern dass Flüchtlinge in Österreich zu wenig Schutzgarantien haben«, erklärt Anny Knapp von der NGO »Asylkoordination Österreich«. Das scheint der Regierung jedoch egal zu sein. Sie nutzt die Situation als willkommene Chance, das Gesetz abermals zu verschärfen. Von dieser Woche an liegt der Regierungsentwurf den Abgeordneten vor, noch vor dem Sommer soll im Parlament darüber abgestimmt werden.

Dass die Zahl der Asylanträge eigentlich sinkt, übergehen die Regierungsparteien dabei geflissentlich. Im Jahr 2004 wurden nach einer Statistik des Innenministeriums 24 676 Anträge auf Asyl gestellt – die Zahl ging damit im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel zurück. Doch das zu thematisieren, hat vor allem die ÖVP keinen Anlass, fährt sie doch zu gut mit dem fremdenfeindlichen Ticket. Die Partei von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ist zurzeit populär. Der österreichische Bundeskanzler denkt bereits an die Zeit nach den nächsten Wahlen, in der er sich die Macht auch ohne den sowieso am Boden befindlichen Koalitionspartner FPÖ sichern will. Mit Law-and-Order-Parolen und fremdenfeindlicher Agitation dürfte er damit in Österreich richtig sein.

So hat man auch für das schlechte Abschneiden der österreichischen Schulkinder in der PISA-Studie den passenden Sündenbock gefunden. Ausländische Kinder hätten den »inländischen« Durchschnitt verschlechtert.