Mittwoch, 12.03.2025 / 21:31 Uhr

Der Traum von der Rückkehr nach Gaza

Rami Aman, Bild: privat

Rami Aman, einst von der Hamas gefoltert und ins Exil gezwungen, weil er Israelis und Palästinenser ins Gespräch brachte, hofft auf seine Rückkehr nach Gaza. Trotz Trümmern, trotz Hass. Weil Verständigung der größte Feind des Fanatismus ist.

Es gibt Flüchtlinge, die wollen in das Land zurückkehren, das sie vermissen. Und dann gibt es Rami Aman, der nach Gaza zurückkehren möchte – in eine dystopische Ruinenlandschaft, die einmal seine Heimat war. Wer nach drei Jahren Exil dorthin will, wo 92 Prozent der Häuser entweder Krater oder rauchende Gerippe sind, muss entweder Masochist sein oder Hoffnungsträger. Aman ist wohl Letzteres. 

Hochverrat: Gespräch statt Gewehr 

Die Hamas, jene brüderliche Vereinigung für den kollektiven Selbstmord, hatte ihn einst nach einer Denunziation durch die BDS-Aktivistin Hind Khoudary als Hochverräter eingesperrt, gefoltert und zur Scheidung gezwungen – nicht aus Mangel an Ehestandsromantik, sondern weil seine Frau aus der richtigen (Hamas-)Familie stammte. Sein Kapitalverbrechen? Reden. Unbewaffnet, ohne Hass, ohne Parolen. Ein Frevel, der im Gaza der Hamas nur eine Strafe kennt. 

Skype with your enemy“ – so hieß sein Projekt. Ein Dialogversuch zwischen Israelis und Palästinensern, keine Geheimverhandlungen, keine politischen Konzessionen, nur die simple Idee, dass zwei verfeindete Gruppen miteinander reden könnten, ohne sich dabei umzubringen. Doch in Gaza der hamas wie auch beim BDS wird Verständigung als existenzielle Bedrohung betrachtet. Verständigung ist der größte Feind des Fanatismus. 

Folglich wurde Aman in ein Hamas-Gefängnis gesperrt, wo man ihn mit der Zuneigung eines Torquemada behandelte, dem ein besonders renitenter Ketzer in die Hände gefallen war. Erst nach Monaten der Folter – physisch, psychisch, existenziell – ließ man ihn wieder frei. Unter der Bedingung, dass er Gaza verlässt. Eine kleine Gnade, denn Hochverrat endet dort üblicherweise in Massengräbern. 

Exil in Ägypten: Ein Mann sucht sich selbst 

Nach seiner Haft floh Aman nach Ägypten, wo er sich „wiederfindet“ – ein schönes Wort für das, was man durchmacht, wenn einem im Gefängnis der letzte Funke Hoffnung aus den Knochen geprügelt wurde. Aber der Mensch ist zäh, besonders wenn er überlebt hat. Von Kairo aus sieht er, wie seine Stadt zu Staub gebombt wird, wie seine Familie vertrieben und seine Freunde ermordet werden. Die Hamas schießt Raketen, Israel antwortet mit Bombenteppichen, und zwischen all dem sterben Menschen. Berechenbar wie eine zynische Mechanik. 

Seine israelische Freundin Vivian Silver wird am 7. Oktober von der Hamas ermordet. Seine Freunde in Gaza werden von israelischen Bomben zerfetzt. Die eine Seite predigt Vernichtung, die andere führt sie durch. Und Aman, der sich einst für Dialog einsetzte, erkennt endgültig: Es gibt keinen Platz für Vermittler in einer Welt, die nur Extreme duldet. 

Die Utopie vom Wiederaufbau – Parfüm gegen den Tod 

Doch Aman, dieser verbissene Idealist, denkt nicht ans Aufgeben. Stattdessen plant er den Wiederaufbau. Eine Stiftung soll es richten. Strom, Prothesen, Theater, Parfüm. Gegenüber einer Zeitung sagt er Ich versuche, die Würde der Menschen dort im Gazastreifen zu wahren. Wir müssen den Frauen Parfüm geben “, erklärt er, „um zu verhindern, dass sie entmenschlicht werden. “ Parfüm! Weil Menschen nach Ruinen und Massengräbern riechen und er das verhindern will. Ein feiner Gedanke, wenn auch einer, der zwischen Sprengfallen und Checkpoints schwer umzusetzen sein dürfte. 

Doch Aman möchte zurück. Trotz Hamas. Trotz Israel. Gaza ist sein Zuhause. Während 72 Prozent der israelischen Bevölkerung Trumps und Netanjahus Plan zur ethnischen Säuberung unterstützen, während die Hamas weiter Hass predigt, während die Welt sich daran gewöhnt, Gaza als ein post-apokalyptisches Ödland zu betrachten – während all dem gibt es Menschen wie Aman, die von Frieden träumen. 

Man könnte ihn belächeln. Man könnte ihn naiv nennen. Oder man könnte sich fragen, ob nicht gerade solche Menschen die Letzten sind, die noch einen Funken Zukunft für diese Region bewahren. Während Netanjahu und die Hamas mit gleicher Inbrunst weiter an ihrer Apokalypse basteln, bleibt Aman einer der wenigen, die noch an das Unmögliche glauben: Frieden. Wer naiv ist, bleibt Ansichtssache. Aber eines steht fest: Es sind nicht die Amande dieser Welt, die Bomben abwerfen.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Peters Webseite